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Eis-Zeit

Erst seit 70 Jahren gibt es die Speise der Kaiser als Leckerei für alle das ganze Jahr lang. Dennoch boomt die Nachfrage nach Kugeln jeglicher Geschmacksrichtung vor allem an Sommertagen

von BERIT SCHMIDT

An heißen Sommertagen steigt nicht nur die Nachfrage nach kühlen Erfrischungsgetränken, auch in Eisdielen und Cafés herrscht Hochbetrieb. Und nicht nur Kinder schlecken gerne an bunten Eiskugeln. Für deren Großeltern allerdings war das noch keine Selbstverständlichkeit: Obwohl die Geschichte vom Speiseeis fast 2000 Jahre alt ist, gibt es in Deutschland Eiscréme für jedermann erst seit etwa 70 Jahren.

So soll der Legende nach bereits der römische Kaiser Nero (61 bis 114 nach Christi Geburt) eine Schwäche für die Delikatesse gehabt haben. Damals handelte es sich jedoch nicht um das heute typisch cremige Naschwerk, sondern um Schnee, der mit Wein, Honig oder Rosenwasser vermischt wurde.

Mitte des 17. Jahrhunderts eroberte dieses Wasser-Eis („eau glacée“) die Banketts der Kaiser und Könige in Europa. Erste Eisrezepte mit Milch als Zutat tauchten 1712 auf – das „crème glacée“ war geboren. Die Bürgerlichen entdeckten ihre Liebe zu dem Gefrorenen erst im 18. Jahrhundert; es dauerte aber nochmals rund 100 Jahre, bis die kalte Köstlichkeit für jedermann zu kaufen war, heißt es in dem Standardwerk „Licks, Sticks & Bricks – A World History of Ice Cream“ von Pim Reinders (Rotterdam 1999).

Für breite Bevölkerungsschichten wurde Eis erschwinglich, nachdem 1843 in den USA die erste Maschine zur Herstellung von Speiseeis auf den Markt kam. Während die süße Speise bislang nur saisonbedingt im Winter zu haben war, konnte Eis von nun an zu jeder Jahreszeit produziert und verkauft werden.

Dabei war die Herstellung noch kompliziert: Mit Handschuhen rührten Arbeiter zunächst eine minus 20 Grad kalte Sole (Salzlösung) an. Die Eis-Grundmasse aus Milch, Butter oder Pflanzenfett und Zucker gefror dann in Büchsen und Eimern, die immer wieder geschüttelt werden mussten.

Der Stiel kam Anfang des 20. Jahrhunderts eher zufällig ins Eis. 1905 ließ der Amerikaner Frank Epperson ein Glas Soda mit einem Strohhalm über Nacht in der Kälte stehen – das Eis am Stiel war geboren.

Der Hamburger Karl Seyferth, Gründer von Langnese, holte die so genannten „Eislollis“ 1935 nach Hamburg. Sie ließen sich allerdings anfangs nur schleppend verkaufen, da diese Spezialität noch völlig unbekannt war. Der „Jahrhundertsommer“ 1959 bescherte Langnese den Rekordabsatz von 20,3 Millionen Liter Eis – 1953 waren es beispielsweise nur 2,3 Millionen Liter gewesen, die der Konzern absetzen konnte. Heute wandern mehr als 500 Millionen Liter Eis über den Ladentisch.

Die beliebtesten Eissorten in Deutschland sind dabei Vanille, Schokolade und Erdbeer. Doch der Phantasie sind bei der Mischung keine Grenzen gesetzt: Immer wieder werden neue Sorten entwickelt und so findet man in den Eisdielen inzwischen auch Keks-, Gummibärchen- und Kokoseis. Selbst in der kalten Jahreszeit schmeckt die Delikatesse: zahlreiche Eisproduzenten locken die Käufer mit besonderen Wintereis-Sorten.

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