Virus erreicht ostfriesische Küste

Jetzt sind unsere Seehunde dran: Die ersten fünf Tiere sind an der tödlichen Seehundstaupe gestorben. Impfen ist nur theoretisch möglich, praktisch nicht machbar. Spaziergänger sollen Abstand von Tieren halten

Das tödliche Seehundstaupe-Virus hat die ostfriesische Küste erreicht. Eine Untersuchung des Instituts für Pathologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover habe den Verdacht bestätigt, teilte das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) gestern in Oldenburg mit.

Fünf tote sowie zwei abgemagerte Seehunde mit entsprechenden Symptomen seien zur Seehundaufzuchtstation Norddeich (Kreis Aurich) gebracht worden. Endgültige Gewissheit solle eine virologische Untersuchung bringen, sagte der Leiter der Aufzuchtstation, Peter Lienau. Mit den Ergebnissen sei Anfang kommender Woche zu rechnen. Der zuständige Tierarzt im LAVES, Michael Stede, sagte: „Fünf der sieben Tiere haben eindeutige Symptome der Seehundstaupe.“ Daran gebe es für ihn keinen Zweifel. Gefahr für die menschliche Gesundheit bestehe nicht. „Die beim Seehund bekannten vorkommenden Virusarten können sich nur in den Seehunden vermehren“, sagte der Tierarzt. Spaziergänger an der Küste sollten dennoch unbedingt Abstand zu den Tieren halten. Seehunde seien Wildtiere und würden sich im geschwächten Zustand durch energische Bisse zur Wehr setzen. Rund 2.000 Seehunde sind in den vergangenen Wochen bereits im dänisch-schwedischen Kattegat und Skagerrak sowie im holländischen Wattenmeer einem Staupevirus zum Opfer gefallen. Mitte Mai war das Virus Experten zufolge an derselben Stelle ausgebrochen wie 1988. Damals starben im Wattenmeer rund 8.600 Tiere. Das waren 60 Prozent der dort lebenden Seehunde. Insgesamt verendeten in der Nordsee und im Kattegat/Skagerrak etwa 18.000.

Eine Ursache dafür, dass das Virus so viele Opfer gefunden hat, könnte eine Immunschwäche der Tiere durch Schadstoffbelastung sein, so Annette Bauermann, Wattenmeer-Expertin des WWF. Eine Impfung der Tiere sei zwar möglich, aber in der Praxis kaum machbar: Das Serum muss per Spritze injiziert werden. „Es ist unmöglich, edie ganze Population zu immunisieren, da nur wenige Tiere gefangen werden können, bevor die übrgien wieder sehr scheu werden und sich nicht mehr einfangen lassen“, so Baumann.

dpa/taz