: Differenzen vertagt
Deutsch-französischer Gipfel gründet Arbeitsgruppen zur Lösung von EU-Problemen. Meinungsunterschiede zu Paris auf wichtigen Politikfeldern
SCHWERIN ap ■ Mit der Einsetzung von vier Arbeitsgruppen hat der 79. deutsch-französische Gipfel in Schwerin auf die strittigsten Fragen in der EU reagiert. Wie gestern aus den Delegationen, die von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac geleitet werden, bekannt wurde, sollen die umstrittene Agrarpolitik, die EU-Erweiterung und Finanzierungsfragen in einer Arbeitsgruppe auf Beamtenebene konzentriert werden.
Eine weitere Gruppe, die sich auf der Ebene der Regierungschefs konstituieren soll, wird den Rahmen der Feierlichkeiten für das 40-jährige Jubiläum des Elysee-Vertrages im nächsten Jahr vorbereiten. Der Grundvertrag der deutsch-französischen Beziehungen soll nach den Vorstellungen Chiracs um eine feierliche Erklärung ergänzt werden. Die deutsche Seite stimmt dem im Wesentlichen zu, wie es hieß. Die beiden weiteren Gruppen sollen sich mit dem Konvent zur EU-Zukunft und mit der EU-Verteidigungspolitik befassen.
Kanzler Schröder hatte vor Beginn der Beratungen Differenzen mit Frankreich auf einer Reihe von Politikfeldern eingeräumt. Bei der Zusammenarbeit beider Länder gehe es um Verfahren, Unterschiede zu überwinden, die sich aus der anstehenden EU-Erweiterung ergäben. Dazu gehöre die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und deren Finanzierung, für die bis zum EU-Gipfel im Dezember in Kopenhagen eine Lösung gefunden sein müsse. Chirac hatte zuvor mehrfach betont, Reformen bei den umstrittenen Agrarsubventionen könnten nicht vor 2006 angegangen werden. Unterschiedliche Auffassungen haben beide Länder laut Schröders auch zum Thema Nahost, zur Europäischen Verteidigungsidentität und zur Integration der Türkei. Keine Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland sah Schröder in der Haltung gegenüber dem Irak. Niemand denke daran, von eigenen Problemen auf wirtschaftlichem Feld mit militärischen Schritten abzulenken.
Der deutsch-französische Sicherheitsrat, der unter der Leitung von Schröder und Chirac tagte, beschloss eine Erklärung, der zufolge die EU die UN-Polizeimission in Bosnien sowie die Nato-Mission in Mazedonien übernehmen will. Außerdem bekräftigten beide Länder ihr Engagement für den in Deutschland umstrittenen Lufttransporter A 400, für den Ausbau einer unabhängigen europäischen Satellitenaufklärung und für einen stärkeren Offiziersaustausch.
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