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Sat.1 fliegt auf den Schlossplatz

Weil der Heliumballon „Hi-Flyer“ ab November nicht mehr vom Potsdamer Platz starten darf, heißt es umziehen. Und zwar auf den Berliner Schlossplatz. Der Vorschlag kam aus dem Hause Strieder, doch auch dort regt sich Protest

Kaum hat sich der Bundestag für den Wiederaufbau der barocken Schlossfassade entschieden, wird die Diskussion um den Berliner Schlossplatz um eine neue Variante bereichert. Nach Informationen der taz soll der Aussichtsballon „Hi-Flyer“ an den Schlossplatz ziehen. Seinen bisherigen Standort am Potsdamer Platz kann der Heißluftballon mit dem großen Sat.1-Logo nur noch bis November nutzen.

Offiziell will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den Umzug weder dementieren noch bestätigen. Schließlich sei noch nichts passiert, erklärt die Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), Petra Roland. Es sei noch kein Antrag eingegangen, also auch noch keine Genehmigung erteilt worden.

Die Betreiberin des Hi-Flyers, die „Air Service Berlin HFC GmbH“, bestätigt dagegen den angestrebten Umzug. Die Verlegung zum Schlossplatz sei bereits beantragt. „Es ist aber noch nichts in Sack und Tüten“, betont eine Sprecherin. Ersatzweise würden neben dem Schlossplatz auch weitere Standortvorschläge diskutiert.

Doch dazu muss es wohl nicht kommen, schließlich stehen die Chancen für einen Aussichtsballon am Schlossplatz gut. Der Grund: Der neue Standort ist nach Informationen der taz von Strieders Verwaltung selbst ins Gespräch gebracht worden.

Allerdings regt sich dort auch erster Unmut. Viele Mitarbeiter fänden es unmöglich, dass der Schlossplatz zum Rummelplatz verkomme, heißt es. Auch in der Vergangenheit hatte es immer wieder Diskussionen um eine Zwischennutzung des Schlossplatzes gegeben. So hatte sich das Bundeskanzleramt gegen den Umzug der Berliner Kabarettanstalt auf den Schlossplatz ausgesprochen. Auch das Bezirksamt Mitte äußerte sich mehrfach dagegen, den Platz zum Rummelort zu machen.

Seit über zwei Jahren schon treibt der mit 5.700 Kubikmeter Helium gefüllte Ballon Touristen mit dem nötigen Kleingeld maximal 150 Meter in den Himmel über Berlin – ein Flug mit der über 72 Verankerungen am Boden festgezurrten Guckgondel kostet 19 Euro für Erwachsene. Doch der Standort ist in der Vergangenheit immer wieder in die Diskussion geraten.

Mehrfach schon hatten die Betreiber Ärger mit den benachbarten Vertretungen der Bundesländer Hessen, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Die hatten Sicherheitsbedenken geäußert, weil Balloninsassen in die Büros schauen können.

Ohnehin kann die Air Service den bisherigen Standort nur noch in dieser Saison nutzen. Im November läuft der Mietvertrag aus. Das Gelände soll, wie schon lange geplant, bebaut werden. Nach einer Winterpause soll der Heliumballon ab März 2003 von seinem neuen Standort aus den Passagieren Berlins Pracht zu Füßen legen. Der Schlossplatz wäre dann mindestens bis 2004 nutzbar.

Wer die auf 670 Millionen Euro geschätzten Kosten für den Neubau tragen soll, ist allerdings noch unklar. Dass die Kosten durch die Vermietung der Brache an die Höhenflieger eingespielt werden könnten, scheint mehr als unrealistisch.

WOLF VON DEWITZ

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