: Zahlreiche Tote bei Anschlägen
Hamas bekennt sich zu dem Anschlag auf einen israelischen Bus. Die Regierung sagt geplante Gespräche mit Palästinensern ab. Auch ein Treffen von US-Außenminister Powell mit Vertretern der Autonomiebehörde wird vermutlich nicht stattfinden
aus Jerusalem SUSANNE KNAUL
Die israelische Regierung hat infolge neuer Terroranschläge die für heute geplanten Gespräche zwischen Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar und dem palästinensischen Innenminister Abd-el Rassek el Jahije ausgesetzt. Auch geplante weitere Reiseerleichterungen für die palästinensische Bevölkerung wurden zunächst eingefroren.
Am Sonntag morgen waren neun Menschen in einem Linienbus in der Nähe von Sefad getötet und über 50 verletzt worden, einige davon lebensgefährlich. Zwei Palästinenser und ein Israeli starben später in der Nähe der Altstadt von Jerusalem bei einem Feuergefecht, 14 Menschen wurden verletzt. Bei einem Feuerüberfall auf einen israelischen Siedlerbus bei Tulkarem im Westjordanland wurden vier Israelis zum Teil schwer verletzt.
Der von Haifa kommende vollbesetzte Linienbus explodierte kurz vor 9.00 Uhr morgens an einer Straßenkreuzung unmittelbar an der Stadteinfahrt von Sefad. Die meisten Fahrgäste waren junge Soldaten, die nach dem Wochenende zu ihren Einsatzorten fuhren. Die Polizei vermutete zunächst ein Selbstmordattentat, schloss allerdings eine Zündung des Sprengsatzes von außerhalb des Busses nicht aus. Verdächtig waren zwei Palästinenserinnen, die den Bus vor der Explosion verlassen hatten und nach denen die israelischen Sicherheitsdienste im Verlauf des Tages fahndeten.
Die islamistische Widerstandsbewegung Hamas bekannte sich zu dem Anschlag, den sie „die zweite Phase der Vergeltung für die Exekution Schehades“ nannte. Bereits vor ein paar Tagen hatte ein Anschlag der Bewegung sieben Menschen in Jerusalem das Leben gekostet. Salach Schehade war in der vorvergangenen Woche mit einem von israelischen Kampfjets abgeworfenen Sprengladung hingerichtet worden. Bei dem Mordanschlag starben 14 Unbeteiligte.
Abdel Asis Rantisi, politischer Führer der Hamas im Gaza-Streifen, machte die israelische Führung für das neue Blutvergießen verantwortlich: „(Premierminister Ariel) Scharon und (Verteidigungsminister Benjamin) Ben-Eliesar sind es, die euch umbringen.“ Die palästinensische Führung verurteilte den Anschlag, der „angesichts der israelischen Kriegsverbrechen zu erwarten war“, so Kabinettssekretär Abdel Rachman, zunächst nicht.
Der israelische Verteidigungsminister hatte vor, Minister El-Jahije seinen so genannten Gaza-Jericho-zuerst-Plan vorzustellen. Demnach würden die palästinensischen Sicherheitsdienste schrittweise die Kontrolle über zunächst die Zonen übernehmen, in denen es relativ ruhig ist, wie in Jericho und im Gaza-Streifen. Im Gegenzug für die von den palästinensischen Sicherheitsdiensten vorzunehmenden Anti-Terror-Maßnahmen würde Israel schrittweise die über die Bevölkerung verhängten Reisesperren aufheben und die Truppen aus dem Autonomiegebiet zurückziehen. Fast im Wortlaut berichtet die online-Ausgabe der Tageszeitung Haaretz am Sonntag über einen Plan, der allerdings aus der Feder des palästinensischen Innenministers El-Jahije stammen soll. Ariel Scharons Sprecher Raanan Gissin kommentierte: „Es ist unser Plan, aber wir haben nichts dagegen, dass er von den Palästinensern als ihr eigener übernommen wird.“ Entscheidend sei allerdings die Umsetzung.
Auch ein zwischen US-Außenminister Colin Powell und Vertretern der Autonomiebehörde für diese Woche angesetztes Gespräch wird vermutlich infolge des Attentates nicht stattfinden. Die israelische Armee setzte unterdessen ihre Operation in Nablus fort, wo es erneut zu Massenverhaftungen kam. Außerdem wurden mindestens fünf Häuser zerstört, in denen die Familien von Attentätern wohnten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen