: Uruguays Sparer gucken in die Röhre
Regierung sperrt Konten, um den Kollaps der Banken zu verhindern. Hoffnung auf Kredit des Währungsfonds
PORTO ALEGRE taz ■ Die Ankündigung war nur noch eine Formsache. Nachdem bereits am vergangenen Freitag Einzelheiten über den Notplan der uruguayischen Regierung zur Rettung des Bankensystems durchgesickert waren, teilte Wirtschaftsminister Alejandro Atchugarry am Samstag mit, dass die Dollar-Festgeldkonten bei den beiden staatlichen Banken Banco de la República und Banco Hipotecario gesperrt werden. Nur in einem Drei-Jahres-Rhythmus will man sie freigeben: 25 Prozent nach einem Jahr, 35 Prozent nach zwei Jahren und die restlichen 40 Prozent nach drei Jahren. Durch diese Maßnahme sind 2,2 Milliarden Dollar bis auf weiteres eingefroren.
Den Plan, mit dessen Absegnung durch die konservative Regierungsmehrheit im uruguayischen Kongress noch gestern gerechnet wurde, bezeichnete Atchugarry als „einzige Lösung für die Probleme Uruguays“. Die betroffenen Sparer sollen alle drei Monate Zinsen über dem Marktwert erhalten. Mit 1,1 Milliarden Dollar aus den erwarteten internationalen Finanzhilfen soll ein Fonds angelegt werden, mit dessen Rücklagen die Auszahlung der Gelder auf den Spar- und Girokonten garantiert werden.
Die Kunden der vor kurzem geschlossenen Privatbanken Caja Obrera und Banco Montevideo haben ab sofort Zugriff auf ihre Spar- und Girokonten, damit die Unternehmen ihre Löhne auszahlen und die Familien ihre Rechnungen begleichen könnten, sagte Atchugarry. Die Zentralbank schießt dafür 400 Millionen Dollar vor.
Beim Banco Comercial und dem Banco de Crédito, an denen der Staat Anteile hält, hofft die Regierung auf eine Kapitalisierung durch die Privataktionäre. Der Minister sagte, von nun an werde der Staat „keinen Centavo mehr“ für die Rettung von Privatbanken bereitstellen. Die angekündigten Maßnahmen sind viel flexibler als die Kontensperre, die seit Dezember im Nachbarland Argentinien in Kraft ist. Beruhigend soll vor allem die Ankündigung wirken, dass die Dollar auf den Festgeldkonten nicht in Pesos umgewandelt werden.
Dennoch ist noch unklar, ob die Kapitalflucht entscheidend gebremst werden kann. Mit einem IWF-Darlehen wird nun frühestens am kommenden Mittwoch gerechnet. Damit die Banken bereits ab heute geöffnet werden können, hoffte die Regierung auf einen Überbrückungskredit vom US-Finanzministerium in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Solange keine feste Zusage aus Washington kommt, werden zumindest die Staatsbanken weiterhin geschlossen bleiben.
Am Freitag und Samstag kam es zu keinen Plünderungen. Dazu trugen die rund 5.000 Polizisten bei, die teilweise in Kampfmontur durch die Straßen patrouillierten. Am Freitag versammelten sich hunderte von Menschen vor einem Einkaufszentrum und forderten in Sprechchören Nahrungsmittel. Viele Geschäfte blieben geschlossen.
Uruguay ist das dritte Land Südamerikas, das von der Wirtschafts- und Finanzkrise erfasst wird. Vor einem halben Jahr hatte zunächst die argentinische Regierung die Bindung der Währung an den Dollar aufgelöst. Armut grassiert, die Wirtschaft ist zusammengebrochen. Auch Brasilien steckt in Turbulenzen.
GERHARD DILGER
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