: Kein gutes Haar gefunden
Hochschulverband hält Gesetzentwurf der Wissenschaftsbehörde für verfassungswidrig. Externe Hochschulräte dürften nicht über Wissenschaft entscheiden
Die Kritik an Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) ebbt nicht ab. Erst vor einer Woche hatten 191 Hamburger Uni-ProfessorInnen in einem offenen Brief gegen die drohende „Hierarchisierung“ der Hochschulen protestiert. Gestern publizierte der konservative Deutsche Hochschulverband - Landesverband Hamburg (DHLH) seine Stellungnahme zu Drägers „Hochschulmodernisierungsgesetz“ – und ließ daran kein gutes Haar.
„Der Entwurf setzt strikt auf hierarchische Führungsstrukturen“, kritisiert die DHLH-Vorsitzende Jutta Rall-Niu. Es sei ein „in die Irre führender Ansatz“, alle Kollegialorgane einer Hochschule zu entmachten und stattdessen Entscheidungskompetenzen „allein auf zentraler Leitungsebene“ zu verankern. So darf beispielsweise künftig das Präsidium die Fachbereichs-Dekane auswählen.
Neu in der Debatte sind „verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen den Gesetzentwurf. Bekanntlich sollen künftig externe „Hochschulräte“ den Präsidenten wählen, über „grundsätzliche Forschung und Lehre betreffende Strukturfragen“ entscheiden und auch über Mittelverteilung und Hochschulentwicklung bestimmen. Da in jenen Räten kein Hochschulangehöriger sein darf und lediglich vier von neun Mitgliedern von den Hochschulen bestimmt werden dürfen, sei weder gewährleistet, „dass der Gruppe der Professoren der ausschlaggebende Einfluss zukommt“ noch garantiert, dass diese Mitglieder „überwiegend Professoren seien“, heißt es in der Stellungnahme.
Dies verstoße gegen die „ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur besonderen Stellung der Hochschullehrer“, weil dem Hochschulrat „in Wissenschaftsangelegenheiten ein Letztentscheidungsrecht“ zukomme, das laut Gericht den Professoren gebührt.
Der DHLH, dem bundesweit 18.000 Mitglieder angehören, kritisiert zudem die geplante Ausweitung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Diese räume zum einen dem nicht mehr durch Professoren legitimierten Präsidenten die Entscheidung über „wissenschaftsrelevante Fragen“ ein. Zum anderen drohten diese die Wissenschaftsfreiheit einzuschränken. „So werden Ziele, wenn sie ‚trendy‘ sind, determiniert und andere Ziele – im Bereich der Grundlagenforschung – praktisch ausgeblendet.“ Auch würde den Hochschulen hier eine „Planungssicherheit vorgegaukelt, die sich rasch als Schimäre erweisen kann“.
Großen Anstoß nimmt der DHLH an der im Gesetz geplanten Einführung der Junior-Professur. Hamburg habe drei Jahre Zeit, das entsprechende Bundesgesetz umzusetzen. Da Sachsen, Bayern und Thüringen dagegen klagen, sei es „wenig zielführend“, dieses „verfassungswidrige Vorhaben“ in Hamburg einzuführen. KAIJA KUTTER
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