: „Richtig und gut“
Der Protest gegen das neue Radio Bremen-Gesetz scheint die zuständigen Politiker nicht besonders zu interessieren
Heute tagt der Medienausschuss der Bremer Bürgerschaft. Auf der Tagesordnung: Die Regulierung des Zugangs zu Kabelnetzen, das „Netzwerk Digitale Chancen“ und das Informationsfreiheitsgesetz. War da nicht noch was?
Doch. Kurz vor der Sommerpause hatte die Bürgerschaft mit den Stimmen der großen Koalition eine Novellierung des Radio Bremen-Gesetzes verabschiedet. Mit Regelungen über die Wiedereinführung von parteilicher Wahlwerbung, mit mehrdeutigen Formulierungen über politische Einflussmöglichkeiten auf die redaktionellen Wahlkampfberichte, mit einer erheblichen Einschränkung der betrieblichen Mitbestimmung im Sender und dem Rausschmiss der Journalistenverbände aus dem Rundfunkrat.
Dagegen protestierte nicht zuletzt der Rundfunkrat selbst. Die sachlichen Ergebnisse des Beschlusses seien „äußerst kritikwürdig“, heißt es in einer am 20. Juni verabschiedeten Resolution. Und das Gesetzgebungsverfahren widerspräche „allen demokratischen Gepflogenheiten“ – die Novellierung war ohne Ausschuss- und Betroffenenanhörung, in unmittelbar hintereinander erfolgter erster und zweiter Lesung beschlossen worden. Deswegen die Forderung: Von den Abgeordneten endlich angehört zu werden, damit diese ihre Entscheidung „noch einmal überdenken und gegebenfalls revidieren“ könnten.
Genau das findet in der heutigen Sitzung des Fachausschusses nicht statt – obwohl auch die Grünen die Anhörung der Betroffenen rechtzeitig angemahnt hatten. Ausschuss-Vorsitzender Klaus Bürger (CDU) macht geltend, erst Anfang August von der Resolution Kenntnis genommen zu haben und sein Stellvertreter Frank Schildt (SPD) betont: „Ich sehe keine Notwendigkeit, das Gesetz zu verändern – das muss man politisch jetzt durchhalten.“ Es reiche, wenn die Resolution bei der nächsten Ausschuss-Sitzung im September behandelt werde – im Verbund mit anderen Radio Bremen-Themen wie Strukturanpassung, Steuernachzahlung, Sozialplan und Medienkompetenzzentrum (über das laut Senat allerdings bereits am 20. August entschieden sein soll).
Auch Heiko Strohmann, medienpolitischer Sprecher der CDU, bekräftigt: „Das Gesetz istrichtig und gut.“ Es basiere auf lange getroffenen Koalitionsvereinbarungen, deswegen dränge auch jetzt die Zeit nicht, noch einmal darüber zu diskutieren.
Seine Parteifreundin Roswitha Erlenwein sieht die Sache ein wenig anders – schließlich ist sie Vorsitzende des Rundfunkrates. „Die Novellierung wurde vom Rathaus einfach durchgereicht und nie im zuständigen Ausschuss besprochen“, betont sie. Und setzt nach: „Wenn das nicht spätestens bei der nächsten Sitzung ordentlich auf die Tagesordnung kommt, gibt es Druck.“
Ob das Verfahren korrekt abgelaufen ist, soll auch vom Bremischen Staatsgerichtshof geklärt werden. Der Deutsche Journalistenverband/Landesverband Bremen bekräftigte seine Absicht, eine Normenkontrollklage einzureichen. Zu diesem Mittel hatte der Berufsverband auch 1998 gegriffen, als er – erfolgreich – beim Bundesverfassungsgericht gegen die Durchsuchung von Redaktionsräumen durch die Bremer Staatsanwaltschaft klagte. Henning Bleyl
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