Die Frau an der Spitze des AG

Bremens traditionsreiches „Altes Gymnasium“ hat zum ersten Mal seit 400 Jahren eine Frau als Direktorin. Sie sieht sich als „Schulpraktikerin“. Seit einem Jahr hat die Schule wieder 5. Klassen

Im kommenden Jahr feiert Bremens traditionsreichste Schule, das Alte Gymnasium, sein 475-stes Jubiläum. Über 400 Jahre davon war die Schule frauenfrei, wenn man von Hilfsdiensten klassischer Frauenberufe absieht. In den 50-er Jahren konnten die ersten Mädchen ihr Abitur am renommierten „AG“ machen. In dieser Woche hat Bremens Bildungssenator nach einer bundesweiten Ausschreibung in der Zeit eine Frau zur Schulleierin gemacht: Christa Sanders-Terhorst (53). Schulkonferenz und Lehrer hatten für Sanders-Terhorst votiert, die schon seit mehr als drei Jahren als stellvertretende Schulleiterin amtiert. Wir wollen die neue Rektorin anhand aktueller Fragen vorstellen.

taz: Sie haben jetzt wieder die 5.-Klässler an Ihrer Schule. Wann musste das AG die ersten beiden Jahrgänge an die Orientierungsstufen abgeben?

Christa Sanders-Terhorst: Das muss in der Zeit der ersten Schulschließungswelle passiert sein, Mitte der 70-er Jahre. Zunächst war ja auch der Bestand des Alten Gymnasium bedroht. Am Ende musste die Schule nur umziehen von de Dechanatstraße in die Kleine Helle.

Haben Sie es begrüßt, dass Sie wieder die 5. Klassen bekommen?

Für uns mit der Diskussion über die Verkürzung des Bildungsganges auf insgesamt zwölf Jahre bis zum Abitur war ganz klar: Der Zeitraum von Klasse 7 bis 10 ist zu kurz dafür. Wenn wir einen verkürzten Bildungsgang machen sollen, dann müssen wir die Schüler in Klasse 5 darauf vorbereiten.

Jetzt wird wieder diskutiert: Sechs Jahre Grundschule für alle. Das würde bedeuteten, dass Ihnen die 5. Klasse wieder weggenommen wird.

Ich weiß noch nicht, wie das gehen soll, wenn man gleichzeitig den Bildungsgang bis zum Abitur verkürzen will.

Wenn man sich für eine Position als Schulleiterin bewirbt, verzichtet man meist darauf, Unterricht zu geben. Machen Ihnen Verwaltung und Schulpolitik Spaß?

Also: Ich mache keine Schulpolitik. Ich bin Schulpraktikerin. Ich bin dafür zuständig, dass die Arbeit an meiner Schule ordentlich gemacht wird. Das setzt voraus, dass ich immer auch noch Lehrerin bin und die Probleme im Unterricht hautnah erlebe. Ich werde auch weiterhin – in geringerem Umfang – Unterricht erteilen, denn ich habe immer leidenschaftlich gern unterrichtet ...

Welche Fächer?

Französisch und Spanisch.

Aber Sie sind doch auch die PC-Expertin hier an der Schule?

Ich bin auch Mathematik-Lehrerin und habe mich sehr für die Entwicklung des Unterrichts mit neuen Medien am AG eingesetzt. Inzwischen sind andere die Experten. Ich gebe aber meinen Unterricht nicht auf. Das Unterrichten bringt einen immer wieder an die Alltagsfragen, an die pädagogischen Fragen.

Bremen war bei Pisa Schlusslicht. Gehen Sie davon aus, dass Ihre Schule über dem Bremer Durchschnitt liegt, wenn im Oktober die Einzelergebnisse bekannt werden?

Ja, davon gehe ich aus.

Es wird gesagt, viele Lehrer und auch Schüler hätten den Pisa-Test nicht ernst genommen. Stimmt das?

Ich weiß nicht, was an diesen Gerüchten stimmt. Wir würden es uns auch zu einfach machen, wenn wir damit das schlechte Abschneiden Bremens im Pisa-Test erklärten. Das Ergebnis spiegelt ja auch wieder, dass die Schulen den Folgen der schwierigen sozio-ökonomischen Lage Bremens kaum noch gewachsen sind. Fragen: K.W.