: Bildung oder mehr Spenden für die SPD?
In der SPD wird hektisch danach gesucht, was ihre „Bremische Gesellschaft für Politik und Bildung“ anderes gemacht hat als Spenden zu sammeln
„Bremische Gesellschaft für Politik und Bildung e.V.“ heißt das Phänomen, um dessen Aufklärung sich in diesen Tagen die Gerüchte ranken. Aufgekommen war das Thema, weil im Untersuchungsausschuss „Immobilien“ von Zechbau-Spenden an den unbekannten Verein die Rede war. Hermann Kleen (SPD), Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, ist gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der „Bremischen Gesellschaft“. Er wusste aber weder von den Spenden noch etwas über die Tätigkeit des Vereins, versicherte er. Der Ausschuss hatte daraufhin beschlossen, dass er nicht befangen sein könne.
Die andere stellvertretende Vorsitzende des Vereins ist Anneliese Leinemann, langjährige SPD-Abgeordnete. Sie hat nie an Sitzungen ihres Vereins teilgenommen – selbst bei ihrer Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden am 9. Juli 1999 war sie, wie das Protokoll ausweist, nicht anwesend. „Der Konrad Kunick hat gesagt: Du musst das machen“, erinnert sich die betagte Anneliese Leinemann. Sie sei „wie die Jungfrau zum Kind“ gekommen. Was die Gesellschaft genau macht, das weiß die zweite stellvertretende Vorsitzende auch nicht so genau: Seminare für Beiräte, mal eine Fahrt mit Schaustellern zum Europaparlament. Sie habe einmal geschimpft, sie könne die Position der stellvertretenden Vorsitzenden nur bekleiden „unter der Voraussetzung, dass der Geschäftsführer nicht dauernd schläft“. Der Geschäftsführer, Arno Koch, ist auch weit im Rentenalter, schwer krank und tatsächlich quasi im Zustand des Dauerschlafes.
Karl-Eddi Armgord ist ein anderer von der alten Garde der SPD, die in der „Gesellschaft“ wirkten. Bis 1992 war er erster Vorsitzender. Neben den Spenden hat die Gesellschaft Gelder der Bundeszentrale für politische Bildung bekommen, erinnert er sich. Und viele kleine Einzelspenden, deutlich unter den 10.000 Mark von Zechbau. Warum gerade Schausteller vom Freimarkt spendeten? „Wir haben uns für die eingesetzt“, sagt Armgort, konkret: dafür, dass die Schausteller ihre 100.000 Quadratmeter für den Freimarkt garantiert bekamen. Zum Dank dafür hätten die Schausteller gespendet. Armgort war gleichzeitig Geschäftsführer eines Schausteller-Vereins.
Auch Armgort weiß von Seminaren politischer Bildung, die die Gesellschaft gemacht hat. Die seien öffentlich ausgeschrieben worden für alle, klar, „sonst streicht das Finanzamt die Gemeinnützigkeit“. Konkret waren es dann doch die SPD-Betriebsgruppen oder die Beiräte der SPD oder Neu-Mitglieder, an die Einladungen gingen. Wo „öffentlich“ ausgeschrieben wurde, erinnert sich Armgort nicht mehr.
Christa Heidmann, die ehemalige Buchhalterin des SPD-Landesverbandes, war zeitweise gleichzeitig Geschäftsführerin des Vereins. Arno Koch, der kranke heutige Geschäftsführer, war früher einmal Geschäftsführer der Bremer SPD gewesen.
Alle Hoffnungen des Ausschussvorsitzenden Hermann Kleen, etwas mehr Licht ins Dunkel seines Vereins zu bringen, richten sich auf den derzeitigen Vorsitzenden, den Bundestagsabgeordneten Konrad Kunick. Der ist gerade auf Paddeltour mit der zweiten Geschäftsführerin Susanne Kröhl, die gleichzeitig Kunicks Mitarbeiterin im Bremer SPD-Büro ist. Am Montag sind die beiden wieder da.
Als Kunick am 28.2.2000 zum Vorsitzenden gewählt wurde, waren nach dem von Susanne Kröhl unterzeichneten Protokoll gerade sieben der zwölf Mitglieder des Vereins da. „Wortmeldungen lagen nicht vor“, vermerkt das Protokoll. Dafür dauerte die Wahl dann doch sehr lang: Beginn: 13 Uhr, Ende: 13.30 Uhr. Ort: Büro der SPD-Fraktionsbüro. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen