sommerkrimi

Folge 21

Atze Wendt war überhaupt der einzige Kollege, den er wirklich mochte. Das war früher einmal anders gewesen. Vielleicht war er aber auch nur oberflächlicher gewesen, früher, als er noch dachte, er müsste der toughe Typ sein, der coole Bulle. Als er Atze vor dreizehn Jahren als frisch gebackener Kriminaler zum ersten Mal auf dem Badmintonplatz gegenüberstand, war er nachhaltig beeindruckt von der Wendigkeit und dem Kämpferherz, das der kleine, stämmige Mann offenbarte, obwohl er sechzehn Jahre älter war. Als Pieter Lund den Konferenzraum erreichte, kam ihm auf der linken Seitentreppe Friedbert Eckes, der Chef der Spurensicherung, entgegen. Sie gingen gemeinsam hinein.

„Friedbert, was meinst du, können wir loslegen?“

Von mir aus.“ Eckes schaute in die Runde, ordnete seine Unterlagen.

„Zunächst zum Todeszeitpunkt. Wir können mit Sicherheit sagen, dass der Mann nicht länger als 90 Minuten tot war, als er gefunden wurde, eher weniger. Der Schlag über dem rechten Ohr hat den Tod verursacht. Er hat den Schädel zertrümmert und das Hirn stark zerstört. Die Folge waren sofortiger Bewusstseinsverlust und starke cerebrale Blutungen. Vermutlich ist dieser Schlag als erster ausgeführt worden, und zwar von links oben nach rechts unten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist er von einem Rechtshänder mit dem Baseballschläger ausgeführt worden. Jedenfalls klebt das Blut des Opfers in den Poren des Holzes, obwohl der Schläger offenbar mit einer Seifenlösung gereinigt worden ist. Interessant ist, dass minimale Spuren von anderem Blut ebenfalls am Baseballschläger nachgewiesen wurden. Dasselbe Blut konnten wir auch an einer Ecke der Schrankwand im Wohnzimmer feststellen. Zum Tathergang lässt sich vermuten, dass das Opfer gekniet haben muss, oder aber der Täter ist ungewöhnlich groß. Nach den ersten zwei Schlägen, die Schädel und rechtes Schlüsselbein zertrümmerten, ist er vermutlich auf den Rücken gefallen, und hat den dritten, ebenfalls sehr harten Schlag mitten ins Gesicht bekommen. Dies wiederum lässt auf einen sehr brutalen, oder aber affektiv außer Kontrolle geratenen Täter schließen. Dafür spricht auch die aus den Angeln geflogene Wohnzimmertür. Die Gartenschere ist für die Tat nicht benutzt worden. Aber auch sie wurde penibel gereinigt. Soweit fürs Erste. Sind zu diesem Komplex irgendwelche Fragen?“

„Fingerabdrücke, hast du an der Tatwaffe irgendwelche Fingerabdrücke feststellen können, Friedbert?“

Vorabdruck aus Holger Biedermann, Von Ratten und Menschen, Kriminalroman, erscheint am 28.8. bei Edition Nautilus Hamburg, 192 S., 12,90 Euro, © Edition Nautilus