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berliner szenen Der Schlaf und die Hitze

Schon das Abi gemacht?

Vielleicht hätte ich während der Hundstage kein Sushi essen sollen. Vielleicht waren die Nächte einfach zu schwül. Gestern hatte ich auf jeden Fall einen Alptraum der besonderen Art. Ich saß im Wohnzimmer eines nahen Verwandten irgendwo in der norddeutschen Tiefebene. Meine Eltern waren auch da – ein schlechtes Zeichen. Im Zentrum des rustikal eingerichteten Raumes stand ein riesiger Kachelofen. Der nahe Verwandte hatte gerade neues Holz aufgelegt. Der Ofen bollerte gefährlich, das Rohr glühte, man bekam kaum noch Luft.

„Nicht schlecht, was!? Wirkungsgrad von über achtzig Prozent! Soll ich noch ’n bisschen Holz nachlegen?“ Ohne auf die Antwort zu warten, legte er noch mehr Holz auf. „Neulich haben wir locker über siebzig Grad geschafft, obwohl draußen nur dreißig waren!“, berichtete der nahe Verwandte mit stolzgeschwellter Brust. Dann aber fragte er: „Wie lange muss euer Sohn eigentlich noch studieren?“ Ich wollte antworten, dass ich schon seit Jahren fertig sei, doch die irrsinnige Hitze musste mir die Sprache verschlagen haben. Dafür antwortete mein Vater, den die höllischen Temperaturen nicht im Geringsten zu stören schienen: „Na, erst mal muss er ja morgen seine Abiturprüfung bestehen!“

Just in diesem Moment weckte mich lautes Klingeln an der Wohnungstür. „Gut’n Tach!“ Vor der Tür stand ein Installateur der Firma Kruschinski und erzählte etwas von Brennwertkesseln mit besonders hohem Wirkungsgrad: „Über achtzig Prozent!“ Ich starrte den Mann in Blau eine Weile an, dann räusperte ich mich und brachte schließlich heraus: „Ich würde mit dem Einbau einer neuen Heizung vielleicht doch lieber noch ein bisschen warten …“ ANSGAR WARNER

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