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Mauer kommt unter die Räder

Grünes Licht für Radweg-Ausbau auf Ex-Grenze: Bis 2004 sollen 160 Kilometer komplett sein und an Spaltung und Vereinigung erinnern. Grüner Cramer und Fahrrad-Lobby können sich durchsetzen

von STEFAN ALBERTI

Bei vielen sei die Mauer bereits aus der Erinnerung verschwunden, kritisierten die Berliner Grünen zum Jahrestag des Mauerbaus. Zumindest ihr Verkehrsexperte Michael Cramer aber konnte gestern nicht klagen. Auf Basis seiner Entwürfe soll bis 2004 ein in Teilen bereits vorhandener Radweg längs des früheren Mauerverlaufs komplettiert werden. Jüngst gab es grünes Licht für die nötigen Gelder – 2,7 Millionen Euro –, gestern Lob von Staatssekretärin Maria Krautzberger (SPD): Cramer sei der „Vater des Mauer-Radwegs“.

Mal auf früherem DDR-Gebiet auf dem so genannten Kolonnenweg der NVA-Grenzer, mal auf dem früheren Westberliner Zollweg der Allierten soll der rund 160 Kilometer lange Weg ausgeschildert sein. Eine Erinnerung an die Spaltung der Stadt und deren Wiedervereinigung, nennt ihn Grünen-Parlamentarier Cramer in seinem Buch „Der Berliner Mauer-Radweg“, das jetzt in zweiter Auflage vorliegt. Cramer hatte den Ausbau des Radwegs 1999 im Parlament beantragt und ein Konzept vorgelegt, zwei Jahre später stimmte das Abgeordnetenhaus zu.

Vier Fünftel des Weges existieren schon und sind teils öffentliche Straßen. Sie sollen unverändert bleiben, auch an holperigen Stellen. Cramer, sonst Verfechter guter Radwege, hat in diesem Fall nichts dagegen: Pflaster oder ein Schlagloch sei hier als historischer Stolperstein zu betrachten, der zum Nachdenken anrege.

Größere Lücken gibt es derzeit beispielsweise in Kladow, wo Fahrradreifen auf mehreren hundert Meter Länge noch im Sand versacken. Der neue Belag soll aus Asphalt bestehen.

Auf insgesamt knapp zehn Kilometern aber muss die Strecke vom Originalverlauf abweichen: Hier ist die frühere Grenze bebaut. Die Regierungen von Berlin und Brandenburg hätten es nach dem Mauerfall versäumt, sich das Wegerecht zu sichern, sagt Cramer. Schon unmittelbar nach Grenzöffnung hatte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club einen Radweg-Ausbau längs der alten Grenze gefordert.

Knackpunkt der Planung war laut Cramer und Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Bahnunterführung in Lichterfelde, wo die Bahn schon baut – „wenn die vor der Entscheidung fertig gewesen wären, wär’s mit einem durchgehenden Radweg vorbei gewesen“, sagt der grüne Abgeordnete. Die Unterführung nimmt fast die Hälfte der Baukosten ein, die sich Land und Bund in etwa teilen.

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