: Wildmoser fuchtig am Tresen
Nach dem gegen Hansa Rostock mit 0:2 verpatzten Bundesliga-Start plant der 1860er-Chef die Räume eng zu machen
MÜNCHEN taz ■ Eigentlich hätte es an so einem Abend besser laufen können für den TSV 1860 München. Der Himmel war blau, nur mit ein paar Wölkchen durchsetzt, und die Sonne ging langsam unter. Im Olympiapark zirpten die Grillen, doch das Pfeifkonzert der 20.000 „Löwen“-Fans übertönte alles. Zum verspäteten Bundesliga-Auftakt haben die Münchner 0:2 gegen Hansa Rostock verloren. Ein Vertragsamateur namens Marco Vorbeck (45. Minute) und Marcus Lantz (54.) haben die Tore für Hansa erzielt. Mit der in der Saisonvorbereitung verbreiteten bayerischen Gemütlichkeit ist es schon jetzt vorbei. „Irgendwie wäre das internationale Geschäft schon nicht schlecht“, hatte 1860-Trainer Peter Pacult gesagt. Aber auch: „Die Form muss sich erst finden. Am ersten Spieltag werden wir uns nicht so präsentieren wie vielleicht in ein paar Wochen.“ Aber in den Präsidiumsetagen mag man langes Warten auf Erfolg genauso wenig wie auf den Rängen der Stadien. Pacult weiß das, dementsprechend kleinlaut war er nach der Niederlage am Mittwochabend gegen Rostock. „Okay, ich nehme es auf meine Kappe, ich habe zu früh zu offensiv spielen lassen“, gestand er, während Stürmer Martin Max viel sagend auf „taktische Fehlgriffe“ hinwies.
Aber immerhin, so Pacult, „hat die Mannschaft nie aufgesteckt und immer versucht, das Ergebnis zu korrigieren“. Dass das nur halbherzige Versuche waren, verschwieg er. Am Samstag spielt der TSV gegen Hannover 96, man darf gespannt sein, wie der Österreicher aus seinem wenig kreativen Team eine siegreife Truppe formen will, zwei Tage nur hat er Zeit. Derweil poltert Präsident Karl-Heinz Wildmoser und meint: „Unser Spiel war Larifari.“ Und: „Da hätte ich ja noch mitspielen können, weil ich zumindest die Räume eng mache.“ Schlaflose Nächte habe er, teilte er am Tresen in den Katakomben des Stadions mit. Nicht nur die sportliche Situation bereitet dem gewichtigen Münchner Sorgen, auch die Finanzsituation seines Vereins. Mit 6,5 Millionen Euro weniger als im Vorjahr muss der TSV 1860 auskommen. Dazu hat sich der Sponsor verabschiedet. Der jetzige Geldgeber, eine Motorenöl-Firma, dürfte weit weniger auf das 1860-Konto überweisen. Keinen großen Namen verpflichtet, für Hoffnungsträger Daniel Bierofka (Bayer Leverkusen) kein adäquater Ersatz und im UI-Cup kläglich gescheitert – 1860 ist auf bestem Wege, wieder einmal im Niemandsland der Bundesliga zu verschwinden. Darauf angesprochen, wird Wildmoser fuchtig: „Nennen Sie mir einen Verein, der neben einem übermächtigen Nachbarn bestehen konnte?“ Da hat er Recht, zweifelsohne, im Schatten des FC Bayern ist es nicht einfach. Aber trotzdem: Selbst die eingefleischten „Löwen“-Fans pfeifen schon nach dem ersten Saisonspiel laut. Von Jahr zu Jahr werden die Zuschauer weniger.
Wildmoser versucht, diese Entwicklung zu stoppen, und pflegt das Klischee des Arbeitervereins, der zum Vergnügen der Anhängerschaft spielt und viel volksnaher als der arrogante FC ist. „Die Leute arbeiten den ganzen Tag. Da wollen sie was sehen im Stadion. Und was haben sie heute gesehen?“, hat er nach der Niederlage gegen Hansa gefragt. Profis, die hoch bezahlt werden und schon beim ersten Spieltag müde wirken, mussten sich Kritik des Vereinschefs und Pfiffe der Fans gefallen lassen.
Der nach dem Hansa-Spiel eher zurückhaltende Peter Pacult hatte in dieser Woche noch davon gesprochen, dass er langfristige Ziele mit der Mannschaft verfolge. In dem halben Jahr, in dem er 1860 nun trainiere, habe er alle seine Vorstellungen noch gar nicht umsetzen können. „So ein Prozess kann nicht in einem halben Jahr vonstatten gehen.“ Ob Pacult noch viel Zeit für seine Pläne bekommt, ist fraglich.
1860 München: Jentzsch - Cerny, Costa, Ehlers, Pürk - Schwarz (46. Borimirow), Kurz, Weissenberger - Häßler (46. Agostino) - Max, Suker (58. Wiesinger) FC Hansa Rostock: Schober - Wimmer, Jakobsson, Kientz, Maul (89. Hansen) - Adoube - Rydlewicz (81. Salou), Lantz, Persson - Prica, Vorbeck (67. Wibran) Zuschauer: 20.000, Tore: 0:1 Vorbeck (44.), 0:2 Lantz (54.)
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