: Nur zwei Ruderer im Klimaboot
Kaum ein Industriestaat kommt seinen Klimaschutzpflichten nach, sagt das DIW. So seien die globalen Risiken nicht in den Griff zu bekommen, zumal auch die Drittweltländer nun fleißig CO2 produzieren. Helfen würden nur verschärfte Emissionsgrenzen
von BEATE WILLMS
Fast fünf Jahre sind vergangen, seit sich die Staatengemeinschaft in Kioto auf verbindliche Klimaschutzziele bis 2008 oder spätestens 2012 geeinigt hat. Eine Zwischenbilanz des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gibt allerdings wenig Anlass, an das Einhalten dieser Ziele zu glauben: Die Industrieländer, die hauptverantwortlich für den Treibhauseffekt sind, haben es insgesamt bis heute noch nicht vermocht, ihre Treibhausgasemissionen zu stabilisieren, geschweige denn zu reduzieren. Prognosen deuten sogar darauf hin, „dass in Zukunft überall mit einem Emissionsanstieg zu rechnen ist“.
Zwar haben die Emissionen von Treibhausgasen in den Ländern, die sich zur Reduktion verpflichtet hatten, seit 1990 um 7 Prozent abgenommen, obwohl nur 5,2 Prozent anvisiert waren. Laut DIW ist das aber fast ausschließlich dem 38-prozentigen Rückgang in Mittel- und Osteuropa zu verdanken.
Ohne diesen hätten die weltweiten CO2-Emissionen 2001 sogar ein Viertel höher gelegen als 1990. Denn auch die Länder der Dritten Welt schließen auf: Sie haben um 44 Prozent zugelegt. Fazit der Studie: „Im globalen Maßstab ist noch immer keine Trendumkehr zu erkennen.“
Absolut am stärksten stiegen die Emissionen mit 730 Millionen Tonnen CO2 in den USA. In Japan waren es rund 130, in Kanada und Australien jeweils etwa 80 Millionen Tonnen. Insgesamt nahm der CO2-Ausstoß in den westlichen Industriestaaten um gut 11 Prozent zu.
Nennenswerte Reduzierungen verzeichneten lediglich Großbritannien und Deutschland. Dabei hat Letzteres dem DIW zufolge zwar gute Chancen, sein Ziel von minus 21 Prozent zu erreichen, wenn es denn die Klimaschutzpolitik fortsetzt. Dass es sein zusätzliches, selbst gesetztes Limit von minus 25 Prozent schon bis 2005 erreiche, halten die Experten jedoch für „wenig realistisch“, zumal sich das Tempo erheblich verlangsamt habe. Immerhin sorgten die britischen und deutschen Erfolge dafür, dass auch die Europäische Union insgesamt auf sinkende Zahlen verweisen kann. Und das obwohl der CO2-Ausstoß in Spanien, Griechenland, Italien, Portugal und Irland von 1990 bis 2000 um 17 Prozent zunahm.
Auf dieser Grundlage sehen die Experten schwarz, zumal das UN-Klimagutachtergremium IPCC zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die bisherigen Ziele schon nicht ausreichen, die globalen Klimarisiken in den Griff zu bekommen. Bei den nächsten Verhandlungen komme es nun darauf an, „über die erste Verpflichtungsperiode hinausreichende und deutlich schärfere Emissionsgrenzen zu vereinbaren“ sowie die USA wieder und die Drittweltländer neu ins Boot zu holen.
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