: Medium der Mittelschicht
Eingeführt wurde er Anfang der 80er als Alibi um Kritiker ruhig zu stellen / Heute ist der offene Kanal in ganz Deutschland ein medialer allround–Dienstleister der dritten Art
Derzeit gibt es in Deutschland 78 offene Kanäle in allen Bundesländern, bis auf Bayern, Brandenburg, Sachsen und Baden-Württemberg. Pionier war 1984 die Stadt Ludwigshafen. Ein Jahr später folgten Dortmund und Berlin. Die Jahreszahl deutet an, dass die Gründung der OKs in Deutschland mit der Privatisierung des Fernsehens einher ging. Es wurde das so genannte Medium der dritten Art eingeführt. Das heißt, neben den halbkommerziellen öffentlich-rechtlichen Sendern und den rein durch Werbung finanzierten Privaten, sollte es ein freies Medium geben, das von allen Bevölkerungsschichten genutzt werden kann.
Das ist in Deutschland nicht auf Druck einer Bürgerbewegung geschehen. Politisch gesehen waren die OKs ein Alibi, um Kritiker des dualen Systems mit einem weiteren Angebot, einer Mischung aus privat und öffentlich, ruhig zu stellen. In Amerika entstanden „Open Channels“ bereits 1962 als direkte Folge von Bürgerinitiativen.
In der Selbstdefinition stellt sich der OK als Dienstleister dar. Er will allen Bürgerinnen und Bürgern den freien und gleichberechtigten Zugang zu den elektronischen Medien ermöglichen. Für die Produktion stellt der OK Studios, Aufnahmegeräte, technische Einweisung und Beratung zur Verfügung. Einschaltquoten sind nicht alleine bestimmend für den Erfolg des OK. In einer zunehmend von Medien bestimmten Welt ist Medienkompetenz das Zauberwort. In der Philosophie der OKs ein zentrales Thema.
Finanziert werden die offenen Kanäle durch zwei Prozent der Rundfunkgebühren. In 18 Jahren Bürgerfunk in Deutschland hat sich gezeigt, der OK ist bei Nutzern wie auch bei den Hörern und Zusehern ein Medium der Mittelschicht. Hk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen