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Vorsorgen, ja – aber wie?

Patentrezepte für finanzielle Vorsorge gegen Katastrophenschäden gibt es nicht, wohl aber eine Reihe von Modellen. Interessant sind die vor allem für die Entwicklungspolitik

WIEN taz ■ Unter den Freiwilligen, die in den vergangenen Wochen Schlamm aus Häusern von Flutopfern in Österreich schaufelten, waren auch Mitarbeiter des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien. Die Wissenschaftler, die seit Jahren über das Management von Katastrophen forschen, wollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die Folgen des Hochwassers aus der Nähe zu erleben. Aufgefallen ist der Ökonomin Joanne Linnerooth-Bayer, „dass die Politiker vom ersten Tag an stritten, wie der Staat für die Schäden aufkommt. Anscheinend kümmert es niemand, wer nächstes Mal bezahlt.“

Deutschland und Österreich können es sich leisten, auf finanzielle Vorsorge für Naturkatastrophen zu verzichten. Sie können im Notfall versuchen, in ihren Haushalten Geld lockerzumachen, die Bevölkerung über Steuern miteinbeziehen – oder dank ihrer hohen Kreditwürdigkeit vergleichsweise billig Geld leihen. Eine Regierung könnte freilich auch damit punkten, vorgesorgt zu haben, sagt Linnerooth-Bayer. Vor allem, wenn ein ausgeglichener Haushalt Regierungsprogramm ist.

Für die öffentliche Vorsorge gegen das finanzielle Risiko von Überschwemmungen gibt es kein Patentrezept, aber einige interessante Modelle: In den USA, wo ein Missisippi-Hochwasser 1993 Schäden von umgerechnet mehr als 15 Milliarden Euro anrichtete, bewertet eine nationale Behörde die regionalen Hochwasserrisiken und bietet potenziell Betroffenen subventionierte Policen an. Versichert wird dort allerdings nur, wessen Gemeinde das Schadensrisiko verringert hat, und zwar in erster Linie, indem sie das Bauen in gefährdeten Zonen beschränkt.

Im Nordosten Ungarns, wo der Fluss Theiß häufig über die Ufer tritt, arbeiten IIASA-Wissenschaftler Betroffene, Politiker und Versicherer an einem gemeinsamen Finanzierungsmodell. Auch hier läuft es darauf hinaus, dass der Staat die Betroffenen bei der Vorsorge unterstützt.

Jedes Land müsse sich bewusst machen, wie viel es im Katastrophenfall kosten kann, die Infrastruktur zu erneuern und den landesüblichen Anteil an privaten Schäden zu übernehmen, fordert Linnerooth-Bayer. Kommen sie dabei auf ein bestimmtes Ausmaß – ein Siebtel des Jahressozialprodukts gilt als kritisch –, gerät ein Land in eine ernste Rezession. Katastrophen, wie sie die offenbar steigende Zahl von Extremwettersituationen verursachen, treffen aber besonders Entwicklungsländer.

Linnerooth-Bayer hat untersucht, wie diese am stärksten bedrohten Länder mit den finanziellen Risiken einer Katastrophe umgehen können. An Kredite kommen sie wegen ihres in der Regel schlechten Ratings nur gegen hohe Zinsen, und im Notfall verschlechtert sich die Bewertung ihrer Fähigkeit zur Rückzahlung oft noch. Schichten sie ihren kargen Haushalt um, geht das oft zu Lasten von Schulen oder Spitälern. Und auf Spenden kann man nicht bauen, zumal, wie die IIASA-Forscherin Koko Warner erwartet, „in diesem Jahr mehr Spendengeld als sonst in Europa bleiben wird“.

Ein Instrument könnte für manches Land die Lösung sein, meint Linnerooth-Bayer: die so genannten Katastrophenbonds. Ihre Zeichner erhalten einen Risikobonus über dem marktüblichen Zins, verlieren aber einen Teil oder ihre gesamte Einlage, falls ein vorher definiertes Naturereignis ein bestimmtes Ausmaß von Schäden erreicht.

Geldgeber von Entwicklungshilfe, die im Katastrophenfall oft umgewidmet wird und damit ihre Funktion verliert, könnten einen Teil der Prämien übernehmen. Als Käufer, so Linnerooth-Bayer, kommen Pensions- und Investmentfonds in Frage, die auf ethische Anlagen setzen. Für die Kapitalmärkte sieht sie noch einen Clou: „Mit Katastrophenbonds lassen sich Risiken gut streuen, denn die Natur korreliert nun mal nicht mit dem Börsentrend.“ STEFAN LÖFFLER

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