un-gipfel
: Enttäuschend, aber alternativlos

Wenn heute die Staatsoberhäupter der Welt in Johannesburg erscheinen und ihre Sonntagsreden an einem Montag halten, stellt sich die Frage: Was soll das Ganze? Müssen tausende von Delegierten, Politikern und Journalisten um die halbe Welt fliegen, um ein Abkommen zu verhandeln, das allenfalls ein Tippelschritt zur Lösung globaler Katastrophen wie Hunger, Armut und Umweltzerstörung liefern wird? Die Antwort ist: ja.

Kommentarvon BERNHARD PÖTTER

Der beste und einfachste Grund für solche Treffen, so kostspielig und frustrierend sie sein mögen, ist: Es gibt keine Alternative zu ihnen. Der einzige andere Weg, wie Staaten ihre Rivalitäten regeln, heißt Krieg. Es wirkt enttäuschend, dass auf UN-Gipfeln kaum Entscheidungen fallen, weil das Konsensprinzip gilt. Beschlüsse auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner sind dadurch programmiert. Es gibt keine Kampfabstimmungen, es gibt keine Mehrheitsentscheidungen. Das ist schwer zu ertragen, wenn man wie bei uns in einer Gesellschaft lebt, die zwar oft den Kompromiss sucht, im Zweifel aber zur Abstimmung schreitet. Doch sie ist die einzige Möglichkeit, weltweit zu einem demokratischen Umgang miteinander zu kommen.

Noch ist es mit diesem demokratischen Umgang nicht weit her. Denn in Wirklichkeit gibt es bei einem solchen Gipfel nur eine formelle Gleichheit der Akteure. Mit ihrem ökonomischen, politischen und militärischen Gewicht dominieren die Machtblöcke des Nordens, die USA, Japan und die EU die Verhandlungen. In einer globalen Demokratie wäre es nicht möglich, dass die Minderheit der Mehrheit das Recht auf Leben entzieht. Um die zementierten Machtstrukturen zu ändern, braucht es gewaltige Anstrengungen. Doch der Gedanke an eine Weltregierung, die das dringend nötige Umsteuern anordnet, treibt selbst dem grünsten Umweltschützer Angstschauer über den Rücken. Es bleibt also nichts anderes übrig als eine demokratische internationale Verfassung. Das erfordert den nächsten Schritt in der Globalisierung: nach dem wirtschaftlichen nun das politische Zusammenwachsen der Erde. Das aber wird nicht gefördert, wenn UN-Konferenzen abgesagt werden – vor allem nicht, wenn etwa die WTO-Verhandlungen über die wirtschaftliche Aufteilung der Welt munter weitergehen. Eine politische Globalisierung wird vorangetrieben, indem die globalen Gehversuche von Politik und Protest in Seattle, Genua und Johannesburg unterstützt werden. Auch wenn es bisher erst ein Krabbeln ist.