: Schnecken und Telegraphen
Ein Seefahrer und seine Errungenschaften für die Welt
Johann Wilhem Wendt war ein vielseitig begabter Mann, der trotz seiner Leistungen als Seefahrer, Entdecker, Forscher und Entwickler bis jetzt in den Annalen der Bremer Geschichte nicht besonders berücksichtigt wurde.
Selbst seine Biographin stieß eher zufällig auf Wendt und seine facettenreiche Lebensgeschichte: Elisabeth Kuster-Wendenburg, Paläontologin und bis 1994 stellvertretende Direktorin des Überseemuseums fand in einigen Schubladen des Museums eine Sammlung merkwürdig aussehender Schnecken. Als sie nach deren Herkunft forschte, zeigte sich, dass ein gewisser Kapitän Wendt, der unter preußischer Flagge die Welt umsegelte, die Schnecken auf Hawaii gesammelt hatte.
Das Ziel der Expedition war allerdings keineswegs die Entdeckung neuer Schneckenarten – vielmehr ging es um Absatzmärkte für schwäbisches Leinen in China und Indien, den Produktionsstädten von Seide und feinstem Tuch.
Im Nebenberuf aber – und das macht die Reise außergewöhnlich – sollte er Wind- und Meeresströmungen beobachten und messen, sowie unerforschte Inseln und Küsten kartieren. Im Laufe seiner Reisen entwickelte Wendt eigene Interessen und wurde zu einem begeisterten Muschel- und Schneckensammler. Einen kleinen Teil eben dieser Sammlung fand nun Elisabeth Küster-Wendenburg in ihren Schubladen.
Sie ging der schillernden Kapitänsfigur weiter nach und fand heraus, dass Wendt nicht nur Weltumsegler und Forscher war. Nachdem er sich von der Seefahrt zurückgezogen hatte, wurde er Versicherungsagent und litt nun in dieser neuen Position unter der Langsamkeit der Nachrichtenübermittlung auf dem Seeweg. In England hatte er den ersten Telegraphen zu Gesicht bekommen. So sammelte Wendt in Bremen eine Reihe von Wissenschaftlern um sich. Das hatte Folgen: Mit Wendts Hilfe gelang es, die erste öffentliche elektromagnetische Telegraphenanlage zwischen Bremen und Bremerhaven zu installieren.
Charl
„Entdeckungsfahrten im Auftrag Preußens. Der Bremer Kapitän Wendt – 1802 bis 1847“. Aschenbeck & Holstein Verlag.
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