: WAZ vs. Springer in der Verlängerung
Springer-Chefredakteure bringen sich auf Linie. Nur „BamS“-Chef Claus Strunz spielt nicht mit
BERLIN taz ■ Es ist schon ein hübscher Herrenclub, der sich da um Bild-der-Frau-Chefin Andrea Zangemeister versammelt hat: Einig und stark präsentierten sich am Wochenende die Chefredakteure der Springer-Blätter, um gegen den drohenden Einstieg der WAZ-Gruppe bei Europas größtem Presseverlag vorzugehen. „Die Ankündigung der Essener WAZ-Gruppe, Einfluss im Axel Springer Verlag zu gewinnen, betrachten wir mit Sorge“, hieß es in der Erklärung: „Unser publizistisches Selbstverständnis basiert auf dem Freiheitsprinzip.“ – Ja, auch AutoBild (Peter Felske) und das Journal für die Frau (Stefan Lewerenz) haben Angst vor der vermeintlichen Freiheitsberaubung von der Ruhr.
„Uns ist völlig egal, wer investiert“, sagt der Erklärungs-Initiator, Welt-Chefredakteur Wolfram Weimer, Hauptsache, der „Bestand“ der Titel und die „journalistische Unabhängigkeit“ blieben garantiert. Wenn Weimer von seinem Arbeitsgeber als „politischem Symbolikon Deutschlands“ spricht, hört er sich zwar fast an wie CSU-Generalsekretär Thomas Goppel, der in Springer gar „so etwas wie das Grundgesetz der Bundesrepublik“ im Medienbereich erblickt hat. Doch insgesamt verfolgt Weimer ein redliches Ziel mit fragwürdigen Mitteln: WAZ und Welt passen wohl wirklich nicht unter einen Hut. Bei der „Vorstellung, die WAZ würde mit ihrer Kultur bei uns einziehen“ (Weimer), schaudert’s den Chefredakteur aus Sorge um den intellektuellen Anspruch seines Blattes. Die WAZ-Mächtigen dürfte eher dessen Defizit von jährlich rund 30 Millionen Euro abschrecken.
Am Essener Stammsitz der Zeitungsgruppe ziehen sich derweil die Verhandlungen mit Kirchs Abgesandten hin: Es klemmt beim angeblich um die 900 Millionen Euro liegenden Kaufpreis für die derzeit noch Leo Kirch gehörenden 40 Springer-Prozente, ein Gutachten soll die kartellrechtliche Situation klären. Zeit also für eine deutliche Retourkutsche: Während Frank Bünte, Chefredakteur der zum WAZ-Imperium gehörenden Westfälischen Rundschau (Dortmund), schon vergangene Woche die Springer-Kampagne in der taz „Missbrauch von Journalismus“ nannte, legte gestern der Verlag nach: Lutz Glandt, einer der vier WAZ-Geschäftsführer, warf dem Springer-Management vor, mit seiner Haltung gegen das Aktiengesetz zu verstoßen: „Es ist sehr leichtfertig, wenn Vorstände es rundheraus ablehnen, eine Möglichkeit auszuloten, die die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens verbessern kann“, sagte Glandt der FTD: „Das missachtet die freien Aktionäre.“
Ähnlich argumentiert übrigens Aktienverkäufer Leo Kirch, der Springer-Chef Mathias Döpfner eine einseitige Geschäftspolitik zugunsten der Verlegerwitwe Friede Springer vorwirft.
Immerhin ein hoher Springer-Repräsentant mochte denn auch nicht bei der von Chefredakteur Weimer initiierten Posse mitmachen: Claus Strunz, Chefredakteur der Bild am Sonntag, fehlt in der Liste der Aufrechten. Nicht, weil er inhaltlich anderer Meinung wäre und sich die WAZ ans Bein wünschte. Doch immerhin scheint Strunz der Widerspruch zwischen derart durchsichtiger Schützenhilfe für den Verlag und der Erklärung selbst aufgegangen zu sein. Dort heißt es nämlich weiter: „Politische und verlegerische Interventionen in die journalistische Unabhängigkeit unserer Redaktionen werden von uns niemals geduldet.“ STEFFEN GRIMBERG
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