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Umverteilung mit der Spardose

Die Reichen werden immer reicher? Nicht ganz, fand die Hans-Böckler-Stiftung heraus. Denn in den mittleren Lagen gleicht zähes Sparen die Unterschiede auf die Dauer aus. Nur an Superreiche und Immobilienbesitzer kommt man damit nicht heran

aus Berlin ULRIKE HERRMANN

In Deutschland sind die Vermögen extrem ungleich verteilt. Zwei Drittel aller Haushalte verfügen über ein geringes oder gar kein Eigentum. Dafür ist das reiche Drittel der Haushalte umso reicher: Insgesamt beträgt das Nettovermögen in Deutschland mehr als 4,2 Billionen Euro.

So viel ist bekannt – und sonst nicht viel. Denn jede Studie muss sich auf die gleiche magere Datenbasis stützen. Es ist die „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“, die das Bundesamt für Statistik zuletzt im Jahre 1998 erstellt hat. 50.000 Haushalte wurden befragt. Auf den Ergebnissen basierte schon der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, der am Ende resigniert feststellte: Über die Ärmsten wisse man viel, über die Vermögenden fast nichts.

Das lag auch daran, dass man bei den Reichsten der Reichen, die etwa zehn Prozent des Gesamtvermögens besitzen, nicht recherchiert hatte. Auch aus statistischen Gründen: Jeder dieser Reichen ist so unterschiedlich reich, dass man alle 40.000 supervermögenden Haushalte befragen müsste, um zu repräsentativen Aussagen zu kommen.

Aber vielleicht gibt es ja auch etwas tiefer in der Reichtumsskala neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung wollte es jedenfalls wissen: Wie entsteht die ungerechte Vermögensverteilung? Beauftragt wurde die Basler Prognos AG.

Ein erstaunliches Ergebnis der gestern vorgestellten Studie: „Entgegen einem viel verbreiteten Vorurteil“, so Hans Barth von Prognos, seien nicht die Erbschaften dafür verantwortlich, dass die Vermögensverteilung so unausgewogen ist. Im Gegenteil: „Erbschaften tragen eher zur Verringerung der Unterschiede bei.“ Denn im Durchschnitt erbe „die mittlere Vermögensgruppe“ am meisten.

Zudem erklärten Erbschaften überhaupt nur zu 17 Prozent, woher das Vermögen der Deutschen stammt. Oder anders: Die Deutschen sind ein Volk der Sparer. Die Hälfte aller Vermögenszuwächse seit 1982 sind durch Ersparnisse entstanden.

Allerdings kann nur relevant sparen, wer über Einkommen verfügt. Die OECD hat jedoch festgestellt, dass der Abstand zwischen niedrigen und hohen Einkommen in fast allen Industrieländern zugenommen hat.

Dennoch, die deutsche Sparneigung hat einen überraschenden Effekt: Da unsere Gesellschaft altert und ältere Menschen meist längere Zeit zum Sparen hatten, rechnet Prognos für das Jahr 2015 damit, „dass die Vermögensverteilung insgesamt etwas gleichmäßiger wird“.

Dieser Optimismus setzt allerdings voraus, dass die Immobilienbesitzer nicht so stark hinzugewinnen wie bisher. Sonst würden sie die braven Sparer erneut weit hinter sich lassen. Seit 1982 hat der Wert von Haus- und Grundbesitz durchschnittlich um 4,8 Prozent im Jahr zugenommen. Immobilienbesitz ist in Deutschland der bequemste Weg, um reicher zu werden. Doch profitieren davon nicht allzu viele: Nur jeder zweite Haushalt verfügt überhaupt über Haus und Boden.

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