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Keine Flut von Aufträgen beim Bau

Bauindustrie sieht wenig Hilfe durch die Hochwasserreparaturen: Mehrausgaben auf der einen Seite werden anderswo eingespart. Zahl der Pleiten steigt, Zahl der Arbeitsplätze sinkt weiter. Zahlungsmoral der staatlichen Kunden kritisiert

BERLIN taz/dpa/afp ■ Das deutsche Baugewerbe steckt weiter tief in der Krise. Trotz der Hoffnung auf neue Aufträge nach der Jahrhundertflut revidierte der Hauptverband der deutschen Bauindustrie die Voraussage für das laufende Jahr nochmals nach unten. Erwartet wird jetzt ein Umsatzrückgang von mehr als fünf Prozent. Die Wiederaufbauprojekte in Folge der Flutkatastrophe entlang der Elbe änderten nur wenig, sagte Verbandschef Ignaz Walter am Dienstag in Berlin – obwohl er die Flutschäden sogar auf 30 Milliarden Euro bezifferte, die Hälfte mehr als von staatlicher Seite bisher geschätzt.

In den besonders betroffenen Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt werde es sicherlich zu einem Auftragsschub kommen, so Walter. In anderen Regionen würden deshalb aber vermutlich Investitionen zurückgestellt. Unterm Strich werde nicht viel übrig bleiben.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Michael Knipper, verlangte von der öffentlichen Hand, wegen der Flutkatastrophe die Planungsrichtlinien zu lockern. „Wenn zerstörte Brücken neu gebaut werden müssen, können wir uns keine langwierigen Planfeststellungsverfahren leisten.“ Für das gesamte Bauhauptgewerbe wird in diesem Jahr noch ein Umsatz von rund 86,6 Milliarden erwartet, ein Minus von 5,2 Prozent zum Vorjahr. Im Osten wird mit einem Minus von 6 Prozent gerechnet, im Westen mit minus 5 Prozent. Die Umsätze am Bau gehen bereits seit Jahren stetig zurück. Betroffen sind alle drei wichtigen Sparten, neben dem Wohnungs- auch der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau.

Wegen der schlechten Auftragslage wird es laut dem Hauptverband in diesem Jahr wieder einen Pleitenrekord geben. Bis zum Jahresende erwartet er mehr als 8.000 Insolvenzen, im ersten Halbjahr waren es bereits 4.500, ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zugleich schreitet auch der Stellenabbau voran. Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl wird in diesem Jahr vermutlich auf 870.000 sinken, innerhalb von zwölf Monaten ein Rückgang um 90.000 Stellen. Zum Höhepunkt des Wiedervereinigungs-Baubooms 1995 waren am Bau noch mehr als 1,4 Millionen Menschen beschäftigt.

Die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand hat sich nach Angaben der Bauindustrie Nordrhein-Westfalens dramatisch verschlechtert. Staatliche Auftraggeber würden Abschlussrechnungen von Baufirmen inzwischen im Durchschnitt erst nach fast vier Monaten bezahlen, teilte die Wirtschaftsvereinigung Bauindustrie am Dienstag in Düsseldorf mit. Damit hätten Bund, Land und Kommunen ihre Zahlungen gegenüber 1998 um einen weiteren Monat nach hinten verschoben. Ein besonders säumiger Zahler sei die bundeseigene Deutsche Bahn AG. Die schlechte Zahlungsmoral sei ein Grund für den Pleitenanstieg.

Zum Schluss bekamen dann die Arbeiter und die Gewerkschaften noch ihr Fett weg: Neben all den schlechten Umständen habe auch noch der Streik vom Frühjahr rund 800.000 Arbeitsstunden gekostet, so der Hauptverband. REM

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