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Posse um Pisa für Lehrer

Zu teuer, unsinnig, überflüssig sei der Pisa-Test für Lehrer: Kultusminister und Lehrerverband zieren sich offensichtlich

BERLIN taz ■ Die Pisa-Untersuchung für Lehrer entwickelt sich zur Posse. Lange bevor die Forscher kommendes Jahr mit Fragebögen dem deutschen Pauker zu Leibe rücken, gibt es Zank um die Untersuchung der OECD. Im Mittelpunkt steht der Vorsteher des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, der den Test überflüssig findet.

Bei den anderen Lehrerverbänden herrschen nun Kopfschütteln und Ratlosigkeit über den „König ohne Land“. Kraus nämlich spricht, anders als sein Verbandsname suggeriert, nicht etwa für die deutsche Lehrerschaft – er ist lediglich der Vorsteher eines Dachverbandes. Deren zahlenmäßig bedeutendste Organisation, der Philologenverband, sagt uneingeschränkt Ja zum Lehrer-Check. „Wir begrüßen alles, was uns bei einer punktgenauen Ausrichtung hilft“, sagte der Philologenchef Peter von Heesen. Er erhofft sich von dem Programme for International Teachers Assessment (Pita) Hinweise auf Lehrerdefizite – etwa, warum es Lehrern häufig Probleme bereitet, die Schwächen von Schülern zu erkennen.

Von Hessen hat mit seinen Kollegen vom Verband Erziehung und Bildung (VEB) sowie von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ein Team gebildet, um zusammen mit der Kultusministerkonferenz die Lehrerbildung zu verbessern. Nicht mit am Tisch sitzt Josef Kraus. Umso verwunderter ist man jetzt über seine Einmischung. „Da wird der Eindruck erweckt, als wenn die Lehrerverbände über den Sinn des Pädagogentests zerstritten wären“, grollte Ludwig Eckinger vom VEB. Tatsächlich stünden mit GEW, VEB und Philologen drei Viertel der deutschen Lehrer hinter Pita.

Kraus ruderte nur halbherzig zurück. „Ich halte den Test für überflüssig, ich wüsste nicht, was uns Pita an neuem Wissen über Lehrer bringen sollte“, sagte er der taz. Aber er werde den Test nicht blockieren.

Unterdessen hat der Koordinator der Bildungstests der OECD, Andreas Schleicher, eine andere Lächerlichkeit bestätigt. Die zweite Runde der Lehreruntersuchung – Interviews mit Lehrerfunktionären, Bildungspolitikern und Schulleitern – kostet nur 35.000 Euro. Den Kultusministern war das zu teuer, sie wollten daher nur die Befragung der in der Klasse arbeitenden Pädagogen zulassen. Und selbst dafür gibt es noch keinen formellen Beschluss. Daher drängt sich vielen der Verdacht auf: Die KMK hat die Schüler per Pisa auf Herz und Nieren prüfen lassen, die Lehrer aber will sie verschonen. CHRISTIAN FÜLLER

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