Freiluftdisko

Schnixige Neofolklore zwischen Frankfurt und Santiago: „Mambotur“ am Sonnabend im GUM-Club

Der Trans-Latino-Express ist ein komisches Gefährt. Nicht zuletzt, weil es gerne den Umweg über Frankfurt sucht. Aber Umwege gehören zur Grundlage dessen, was die Chilenen Argenis Brito und Pier Bucci mit unquantisierten Taktfolgen zu sagen haben.

Brito immerhin hat als Sänger des Señor Coconut-Projekts des Exil-Frankfurters und Jetzt-Chilenen Uwe Schmidt schon einiges zum Thema Kraftwerk-Coverversionen zu sagen gehabt. Nun macht er sich mit seinem Partner erneut auf, zwischen Mambo und elektroakustischen Spielereien gewisse Gemeinsamkeiten nachzuweisen. Die Utopie, Roboter Mambo tanzen zu sehen, treibt sie dabei mindestens genauso an wie die langsam fortschreitende Clubtransformation unter Zuhilfenahme folkloristischer Rhythmen und digitaler Klangklötzchenverschieberei.

So genannt südamerikanische Taktvielfalt vermischt sich mit den technoiden Überbleibseln der deutschen Bankenmetropole. Die gerade Bassdrum verliert sich in trickreichen Arrangements und schafft eine pixelige Freiluftdisko. Liebhaber der schnixigen Neofolklore kennen die Arbeitsweise auf dem Debutalbum der Chilenen bereits als Destillat dessen, was Produzenten wie Atom[tm] oder Burnt Friedman seit einigen Jahren konstruieren, um abseits des Club- und Loungedogmas Verzückung zu bringen. Verglichen damit, hinkt das „atina.latino“ von Mambotur aus humoristischer Sicht ein wenig hinter dem entwickelten antizyklischen Clubmodell hinterher, wird aber als Liveperformance mit Sänger und Perkussioninstrumentalisten zu einem lebendigeren Vergnügen beitragen als übliche Laptop-Liveacts. Replikanten tanzen woanders, Menschen werden ihren Spaß haben. Und wo gibt es schon Mambokurse aus dem Computer? Oke Göttlich

Sonnabend, 22 Uhr, GUM Club (Hamburger Berg 13)