: PDS wirbt mit Oskar
Gysi und Brie wollen mit dem „lieben“ Oskar Lafontaine die Linke stärken. Der „Liebe“ aber sieht sich vereinnahmt
BERLIN taz ■ Zur „strategischen Zusammenarbeit“ zwischen SPD und PDS fordern die ehemaligen PDS-Spitzenfunktionäre Gregor Gysi und André Brie den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine auf. In einem offenen Brief bitten die PDS-Strategen den heutigen SPD-Ruheständler, sich doch verstärkt einem Dialog mit allen linken Kräften in der Bundesrepublik zu stellen in der Tradition der Urahnen August Bebel und Wilhelm Liebknecht.
„Wir wenden uns an Sie“, schreiben die beiden PDS-Politiker, „weil sich die gegenwärtig regierende SPD linken gesellschaftspolitischen Debatten eher verschließt und Sie es waren, der nicht gewillt war, einen neoliberalen Regierungskurs mitzutragen.“
Der Brief, der gestern im Neuen Deutschland und der Frankfurter Rundschau abgedruckt wurde, wirkt wie eine indirekte Wahlanzeige zugunsten der PDS. Die beiden Autoren zählen auf, dass sie einen Krieg gegen Saddam Hussein verhindern wollen, dass sie Sondergesetze für Ostdeutschland fordern, um die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern einzudämmen und dass eine ökologische Umgestaltung für beide Parteien im Mittelpunkt ihrer künftigen Politik stehen müsse.
„Wir sind mit Ihnen, lieber Oskar Lafontaine, einig, dass die anhaltende Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben empörend und sozial wirtschaftlich bedrohlich ist“, schreiben Gysi und Brie.
Aus der Fraktion der PDS war gestern zu erfahren, das offene Anschreiben sei mit den anderen Funktionären so weit abgesprochen worden, dass man den offenen Brief prinzipiell unterstütze. Da jedoch alle Mitglieder der Fraktion auf Wahltour seien, habe es noch keine „intensive inhaltliche Diskussion“ gegeben.
Lafontaine wollte sich gestern noch nicht zu dem Schreiben äußern. Einer seiner Mitarbeiter erklärte jedoch gegenüber der taz, es sei doch leicht zu erkennen, auf welche Klientel Gysi und Brie abzielten: „Auf unzufriedene SPD-Wähler vom linken Rand, die an keinen Wahlerfolg der Sozialdemokraten mehr glaubten und deshalb lieber der PDS ihre Stimme geben sollten.“
ROLAND HOFWILER
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