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Kongos Sommerpause endet

Friedenshoffnungen der letzten Monate verfliegen. Präsident Kabila bläst Teilung der Macht mit MLC-Rebellen ab. Der Frieden mit Ruanda wird nicht umgesetzt

Rebellenpolitiker Kamitatu: „Kabila teilt lieber sein Landals seine Macht“

BRÜSSEL taz ■ Den ganzen Sommer lang verhandelten sie über eine Machtteilung: Die Regierung von Präsident Joseph Kabila in der Demokratischen Republik Kongo und die Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) von Jean-Pierre Bemba, die den Norden des Landes beherrscht. Sie wollten damit ihr Separatabkommen vom 16. April umsetzen, mit dem sie bei Friedensverhandlungen in Südafrika einer Einigung zwischen allen Bürgerkriegsparteien des Kongo zuvorgekommen waren. Nun hat die Regierung Kabila dieses Abkommen für gescheitert erklärt.

Die Regierungserklärung vom 27. August spricht vom Separatabkommen ausschließlich in der Vergangenheitsform und konstatiert seine Nichtumsetzbarkeit „aufgrund von Divergenzen im Zugang“ der beiden Seiten. Es müsse Neuverhandlungen geben, mit dem Ziel eines „globalen, allumfassenden Abkommens“.

Das ist genau die Formel, mit der die Gegner des Abkommens – die von Ruanda unterstützte Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) im Osten des Kongo und die zivile Opposition – während des Sommers gegen die Kabila-Bemba-Gespräche zu Felde gezogen waren. Sie hatten im Einklang mit Südafrika und dem internationalen Kongo-Vermittler gefordert, eine Friedenslösung für den Kongo müsse alle Parteien einschließen, nicht nur zwei. Aber dass die Regierung dies jetzt auch sagt, heißt nicht, dass ein Frieden näher gerückt sei – im Gegenteil: Der Friedensprozess ist wieder am Ausgangspunkt angelangt, mit dem Unterschied, dass jetzt Misstrauen auf allen Seiten herrscht.

MLC-Führer Bemba, der unter dem Separatabkommen Premierminister des Kongo unter Kabila werden sollte, fühlt sich verraten. Zwar schrieb er an diesem Dienstag einen unterwürfigen Brief an Kabila, in dem er die Notwendigkeit einer erneuten Annäherung beschwor, aber zugleich weist er öffentlich darauf hin, dass er über militärische Schlagkraft verfügt. MLC-Generalsekretär Olivier Kamitatu sagte der taz, Kabilas Absage der Machtteilung gefährde die Wiedervereinigung des Kongo – konkret heißt das, dass die gerade erst wiederhergestellten Flug- und Schiffsverbindungen zwischen Kongos Hauptstadt Kinshasa und dem MLC-Gebiet wieder unterbrochen werden könnten.

„Kabila teilt lieber sein Land als seine Macht“, sagt Kamitatu und weist darauf hin, dass dem Schreiben der Regierung eine Welle von Verhaftungen von MLC-Sypathisanten in Kinshasa vorausging. Der Zusammenbruch des Kabila-Bemba-Abkommens könnte dem Kongo noch in anderer Weise schaden. Auf der Grundlage des Abkommens, das international als erster Schritt zum Frieden gewertet wurde, hatten Weltbank und Internationaler Währungsfonds im Sommer ihre Zusammenarbeit mit der kongolesischen Regierung wieder aufgenommen. Ein erstes Notprogramm zum Wiederaufbau für 2002–2005 in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar wurde beschlossen. Aber nun scheint die Auszahlung von Geldern unwahrscheinlich.

Denn zusätzlich zum neuen politischen Streit tritt der Friedensprozess auch militärisch auf der Stelle. Das am 30. Juli unterzeichnete Abkommen zwischen den Regierungen Kongos und Ruandas, wonach der Kongo seine Unterstützung ruandischer Hutu-Milizen einstellt und im Gegenzug Ruandas Armee den Kongo verlässt, ist bisher nicht umgesetzt worden, wie vor kurzem der UN-Sonderbeauftragte für den Kongo, Moustapha Niasse, offiziell feststellte. Ein für Ende August geplanter Besuch des ruandischen Präsidenten Paul Kagame in Kinshasa wurde kurzfristig abgesagt. Und im Osten des Landes sind ruandische Truppenverstärkungen eingetroffen, um Vorstöße lokaler Milizen rund um den UN-Blauhelmstationierungsort Kindu abzuwehren. FRANÇOIS MISSER

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