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Furcht vor Stoiber

Bundesausländerbeirat warnt vor Unionsregierung, übt aber auch deutliche Kritik an vier Jahren rot-grüner Politik

BERLIN taz ■ Zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat der Bundesausländerbeirat vor einem Regierungswechsel gewarnt. „Mit einem Kanzler Stoiber werden die Migranten in diesem Land große Rückschritte erleiden“, sagte der gestern wiedergewählte Vorsitzende Memet Kilic nach der Jahrestagung des Bundesausländerbeirats in Saarlouis. Die Union behandele Migranten „vor allem als eine Gefahr für die innere Sicherheit“ und verhindere so eine liberale Reformpolitik.

Eine Wahlempfehlung wollte der Sprecher von über 400 kommunalen Ausländerbeiräten allerdings nicht abgeben. „Wir sind eine überparteiliche Organisation“, betonte Grünen-Mitglied Kilic und sagte zur taz: „Wir unterstützen alle Parteien, die es gut mit den Migranten meinen.“ Auch eine Vertreterin der PDS habe bei der Tagung „unheimlich viel Applaus erhalten“.

Die rot-grüne Bilanz bewertet Kilic „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Als wichtigsten Fortschritt nannte er, dass Migrantenkinder seit 2000 automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Für die ältere Generation der Zuwanderer sei die Staatsbürgerschaftsrechtsreform dagegen „eine Enttäuschung“, weil Rot-Grün auf den Doppelpass verzichtet und hohe Hürden bei der Einbürgerung zugelassen habe.

Das Zuwanderungsgesetz ist für Kilic ein „Schritt in die richtige Richtung“, weil es endlich klar gemacht habe, „dass Deutschland ein Einwanderungsland ist“. Die Werbekampagne der Regierung für das Gesetz sei aber „schäbig“, weil sie nur Begrenzung in den Vordergrund stelle.

Auf ihrer Tagung forderten die Ausländerbeiräte, „endlich“ ein Antidiskriminierungsgesetz zu verabschieden und das Ausländerzentralregister abzuschaffen. Die nach dem 11. September erweiterten Zugriffsmöglichkeiten der Behörden auf die Datei machten Migranten „zu gläsernen Menschen“. LUKAS WALLRAFF

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