Nicht jedes Vogels Sache

Landgewinnung im Mühlenberger Loch beeinträchtigt Löffelenten, aber nicht Krickenten. Risiken durch Verlandung der Elbbucht. Ausgleichsfläche noch leer

Die beiden Vogelarten, die das Mühlenberger Loch zu einem international bedeutenden Feuchtgebiet machen, reagieren unterschiedlich auf die Landgewinnung in der Elbbucht. Während der Bestand der Löffelente jetzt im zweiten Jahr weit unter dem langjährigen Durchschnitt blieb, rasteten die Krickenten trotz der Verkleinerung ihres Lebensraumes sogar zahlreicher vor Finkenwerder als in den vergangenen Jahren. Das ergab eine Vogelzählung des Ornithologen Alexander Mitschke im Auftrag der Realisierungsgesellschaft A380rea, die für die Stadt die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs betreibt.

Nach Mitschkes Angaben ließen sich in diesem Frühjahr durchschnittlich 1700 Krickenten im Mühlenberger Loch zum Fressen nieder. Das seien 500 mehr als der Durchschnitt der Jahre 1997 bis 2001. Im Frühjahr 2001 – die Erweiterungsfläche für das Airbus-Werk war bereits eingedeicht – hatte der Rastbestand dem langjährigen Durchschnitt entsprochen.

Schlechter ist es um die Löffelente bestellt: Statt 500 Exemplaren wie im langjährigen Mittel rasteten in diesem Jahr bloß 350 Vögel in der Elbbucht. 2001 waren es sogar bloß 250 gewesen. Allerdings waren schätzungsweise 200 Vögel in die Billwerder Bucht ausgewichen, wie zufällig bekannt wurde. Wie es in diesem Frühjahr dort aussah, konnte Mitschke nicht sagen.

Die Vogelzahlen im Herbst weichen Mitschke zufolge zwar stark von denen des Frühjahres ab. Das sei aber natürlich, weil die Tiere im Frühling möglichst schnell zu ihren Brutgebieten kommen wollten. Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Für eine ausgiebige Rast im Mühlenberger Loch bleibt da keine Zeit. Abgesehen davon zeichne sich ab, dass die Wirkung der Bauarbeiten im Herbst der im Frühjahr entspreche. Auf die bereits zu einem Drittel abgebaggerte Elbinsel Hahnöfersand, in der ein Ersatz-Süßwasserwatt entstehen soll, sei noch kein Vogel ausgewichen, sagte Mitschke. Auch die schmale Hahnöfer Nebenelbe werde gemieden.

Mitschke zeigte sich beim Bestand der Krickente „überrascht, dass sich nicht so viel getan hat“. Offensichtlich hätte das alte, weiträumige Mühlenberger Loch noch viel mehr Krickenten Platz bieten können, es seien bloß nicht so viele gekommen. Von einer Entwarnung möchte Mitschke nach zwei Jahren Monitoring aber aber nicht sprechen. Durch die neue Halbinsel hätten sich die Strömungsverhältnisse in der restlichen Elbbucht verändert, so dass eine zunehmende Verlandung möglich sei. Für die Enten, die ihre Nahrung im flachen Wasser suchen, wäre das fatal. Gernot Knödler