: Wahn macht Sinn!
Oder zumindest Filme. Eine neue Reihe im Kino 46 zeigtden Anstaltswahnsinn in der Kinogeschichte
Milos Forman war nicht der erste, aber der schonungsloseste Regisseur, der über die Zustände in amerikanischen Psychiatrien einen Film drehte. „Einer flog über das Kuckucksnest“ von 1975 mit Jack Nicholson in der Hauptrolle, gilt als Höhepunkt einer ganzen Serie über psychiatrische Anstalten. Mit „One flew over the cuckoo‘s nest“ beginnt am 15. September die Filmserie „Psychiatrie im Film“ im Kino 46.
Randel P. McMurphy (Jack Nicholson) ist ein gesellschaftlicher Außenseiter und entgeht dem Knast durch Vorgabe einer psychischen Krankheit. Was als Spaß beginnt, wird brutaler Ernst. Randel endet als Elektroschockopfer in der geschlossenen Abteilung. Formans Aussage: Wer selbst in einer verrückten Gesellschaft sich nicht unterordnen kann, wird verrückt gemacht. Die Frage, wer eigentlich als verrückt gilt und wer als normal, wird ad absurdum getrieben.
In den sechziger Jahren begannen sich Journalisten und Filmemacher mit den zum Teil menschenunwürdigen Verhältnissen nicht nur in amerikanischen Heilanstalten auseinander zu setzen. Michel Foucault, französischer Philosoph (1926-1984), forderte gar einen Lehrstuhl für Wahnsinn. In den sechziger Jahren setzte sich der postmoderne Denker intensiv mit der Frage nach der gesellschaftlichen Betrachtung von Wahnsinnigen auseinander. Soll man sie wegsperren oder sind sie nicht einfach nur anders denkende Individuen? Wer ist verrückt und wer ist normal?
1988 wurde das „Endlager für Langzeitkranke“, wie die Psychiatrie Blankenburg genannt wurde, geschlossen. Das Museum des Zentralkrankenhauses Ost hat jetzt mit dem Kino 46 sieben ältere und ganz neue Kinostreifen rund um das komplexe Thema ausgewählt. Die Reihe endet am 3. Oktober. Es werden an diesem Tag Zeitzeugen über die Schließung des Klosters Blankenburg im Kino 46 berichten. Im Anschluss zeigt das Kino 46 den Stummfilm „Geheimnisse einer Seele“ von Georg Wilhelm Pabst aus dem Jahre 1926. Nähere Infos zum Programm und den Filmen im Kino 46 oder beim Krankenhaus-Museum ☎0421–4081781. taz
Die Filme in der Reihenfolge: „Einer flog über das Kuckucksnest“ (1975) am 15.9., „On The Edge“ (2000) am 20./21.9., „Family Life“ (1971) am 27./28.9., „Shock Corridor“ (1963) am 30.9., „Matto regiert“ (1946) am 1.10., „Nessuno o tutti“ (1975) am 2.10., „Geheimnisse einer Seele“ (1926) am 3.10.
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