Kampf für den Scherkohl

Mit McDonald‘s fing in Italien alles an. Inzwischen hat sich die Schnecke überall durchgesetzt: Auch in Bremer gibt es eine „Slow Food“ Bewegung. Der Verein setzt sich für eine genussvolle Esskultur ein

Ob die Schnecke ein besonders genussfreudiges Tier ist, ist fraglich. Dennoch hat sich der Verein „Slow Food“ das Kriechtier als Symbol gewählt. Klarer Fall – das muss an ihrer Langsamkeit liegen, die sich der Bremer Verein zum Vorbild für die tägliche Essensaufnahme genommen hat. Dienstagabend stellte Slow Food seine Idee des „sinnlichen und besinnlichen Genusses“ der Öffentlichkeit vor.

Der Verein „Slow Food“ wurde 1986 als Gegenbewegung zum „Fast Food“ in Italien gegründet. Als dort eine alteingesessene Pizzeria einem „McDonald’s“ weichen musste, war für einige Liebhaber der italienischen Küche das Maß voll. Sie verfassten ein Manifest gegen den Verfall der kulinarischen Kultur und aßen fortan nur noch hochwertige, traditionelle Produkte.

Dieser ursprüngliche Kreis von Gourmets hat sich weiter entwickelt zu einer Bewegung, die inzwischen in 35 Ländern Anhänger gefunden hat, und für die genussvolles und bewusstes Essen eine Lebenseinstellung ist.

Der Sprecher des Bremer „Slow Food“ Vereins, Gernod Riedl, ist das beste Aushängeschild dafür. Ihm sind sowohl Langsamkeit als auch Genussfreudigkeit eigen, was er durch seinen beträchtlichen Leibesumfang, rote Apfelbäckchen und einen am Hosenbund baumelnden Korkenzieher unter Beweis stellt. Er und 42 weitere Mitglieder treten in Bremen der Verarmung der Geschmacksvielfalt und Esskultur entgegen.

Schwerpunkt ist die Kampagne „Arche des Geschmacks“. Hier sollen regionale Gerichte und Produkte davor bewahrt werden, in Vergessenheit zu geraten. Dem Verein liegt besonders der Bremer Scherkohl am Herzen, eine Blattkohlvariante, die inzwischen kaum mehr erhältlich ist. „Früher haben sich die Malocher nach jeder 1. Mai-Demo Scherkohl und ’n Bier reingezogen“, weiß Riedl. Unter dem Motto: „Was wir essen, wird auch nicht vergessen“, will der Verein den Scherkohl jetzt wieder bekannt machen.

Die Schnecken-Anhänger unterstützen außerdem Produkte, die in der Region handwerklich hergestellt werden. Wichtig bei ihren Aktionen ist aber immer der sinnliche Aspekt. Neben Besuchen der Produzenten und Verarbeiter findet monatlich ein Treffen statt, bei dem regionale Produkte geschlemmt werden. Und Gernod Riedl ist auf jeden Fall an vorderster Front dabei.

Charlotte Salow