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Frage: Warum wirft man bei Wahlen seine Stimmzettel ausgerechnet in eine Urne?
FRANZ PFAFF
Dr. Semler: Urnen werden seit der Steinzeit als Mehrzweckgefäße gebraucht. Speziell zu Ihrer Frage hat sich die libertäre „Graswurzelrevolution“ schon vor den Wahlen 1998 Gedanken gemacht. Dort hieß es: „Der Tod ist endgültig, eindimensional, alle betreffend, wir können ihm nicht aus dem Weg gehen – haben keine Wahl. Haben die Wahlurne und die Urne für die Toten etwas gemein? Ich behaupte Ja. Was in diesen Tagen Wahlkampf genannt wird, ist kein solcher. Es wird den Individuen keine Wahl gelassen, jede potenzielle Richtungsänderung der Gesellschaft wird ihnen ausgetrieben und am Ende regiert die eindimensionale Gesellschaft.“ Das scheint mir selbst etwas eindimensional argumentiert, aber ist es so ganz falsch?
Frage: Ist dieses Land eigentlich so verstaubt oder gibt es triftige Gründe dafür, dass wir nicht per Internet wählen dürfen? MAJA SCHWEIZER
Dr. Semler: Einige Wahlen, z. B. für Uni-Asten, sind schon per Internet abgehalten worden. Unter Fachleuten läuft eine interessante Kontroverse. Das Hauptproblem besteht darin, dass es bei Wahlen mittels Mausklick keine Wahlkabine gibt, womit das Wahlgeheimnis, ein zentrales Erfordernis freier Wahlen, nicht gewährleistet ist.
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