BUSH HAT IN SEINER REDE EIN KLARES BEKENNTNIS ZUR UNO GELEISTET
: Eine Chance für die Vereinten Nationen

Die Rede von George W. Bush vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen war ein Plädoyer für die Vereinten Nationen und gegen den Irak. Bush brachte zwar keine neuen Beweise über die Vorwürfe, der Irak trachte nach Massenvernichtungswaffen. Doch die benötigt er mit seiner Klageschrift gar nicht, denn die vorhandene Beweislage ist bereits erdrückend. So sehr, dass Bush zwei Ultimaten stellen konnte: Das erste an Saddam Hussein, die UN-Resolutionen endlich zu erfüllen und wieder Waffeninspektoren ins Land zu lassen. Das zweite an die Vereinten Nationen: Handelt, oder ihr seid irrelevant.

Bushs wichtigste Aussage war das Bekenntnis, in der Irakfrage mit der UNO zusammenarbeiten zu wollen. Bush, ein Wolf im Schafspelz? Das bleibt Spekulation. Vorerst hat er die USA in die UN eingebunden. Mit diesem Kurswechsel nahm er im Ausland, vor allem aber zu Hause seinen Kritikern den Wind aus den Segeln und kann nun mit einer breiten Unterstützung im Kongress rechnen.

Für ihren Unilateralismus, die angekündigte Präventivschlagspolitik, das schwammig konstruierte Bedrohungsszenario durch den Irak und die Doppelmoral zu Massenvernichtungswaffen sind die USA zu Recht heftig kritisiert worden.

Dennoch könnte ausgerechnet Bush die UN zwingen, wieder handlungsfähig zu werden. Seit Jahren führt der Irak – ungeschoren – die UN an der Nase herum. Seit Jahren bricht der Diktator in Bagdad das Völkerrecht, missachtet die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, die die Vernichtung seiner Waffen unter internationaler Aufsicht fordern. Diesen Rechtsbruch hat die Welt hingenommen. Nach der Erfahrung des 11. September will und kann Amerika diese Haltung nicht mehr tolerieren. Bush fordert daher zu Recht, dass die Irakresolutionen endlich durchgesetzt werden. Es ist eine Paradoxie, dass diese Forderung ausgerechnet von den USA kommen, jenem Land, das die UN so oft missachtet und umgangen hat. Und es bleibt der bittere Beigeschmack, dass Washington monatelang die Welt mit seinen Alleingangsfantasien irritiert und brüskiert hat. MICHAEL STRECK