Vater allein nach Haus

Brandenburg wollte allein erziehenden Vietnamesen auch ohne seinen fünfjährigen Sohn abschieben. Gericht stoppt Abschiebung in letzter Minute

von MARINA MAI

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat am Montag in letzter Minute einen Versuch der Ausländerbehörde des Landkreises Oberhavel gestoppt, einen allein erziehenden vietnamesischen Vater aus Hennigsdorf nahe Berlin ohne seinen fünfjährigen Sohn nach Vietnam abschieben.

Xuan Khan Ha wurde Anfang August während eines Vorsprachetermins bei der Ausländerbehörde festgenommen. Die Behörde hatte der Vietnamese allein aufgesucht, und nicht, wie gefordert, mit seinem Sohn zusammen, weil dieser krank war. Seitdem ist den Behörden der Aufenthalt des Kindes nicht bekannt. Der Vater lebte zwischen 1988 und 1990 als Vertragsarbeiter in der DDR und kehrte 1992 als Asylbewerber nach Deutschland zurück. Bereits am 6. August hatte die Ausländerbehörde nach Angaben des Kirchenkreises Oranienburg versucht, den Vater ohne Sohn abzuschieben. Auch dieser Versuch wurde durch einen Richter in Frankfurt am Main gestoppt.

Der Landkreis Oberhavel wird nach Angaben seiner Sprecherin Patricia Schuster weiterhin versuchen, den Vietnamesen allein abzuschieben. „Wir sind in großer Sorge um den Jungen. Die Polizei sucht ihn, um ihn dem Vater zur gemeinsamen Ausreise zu übergeben. Wenn wir das Kind nicht finden, schieben wir zuerst den Vater ab und schicken den Sohn nach Vietnam nach.“

Der Kirchenkreis Oranienburg hat Vater und Sohn Kirchenasyl angeboten. Damit will Flüchtlingsberaterin Simone Tetzlaff vom Kirchenkreis Zeit gewinnen, um zu prüfen, ob für die Minifamilie nicht ein humanitäres Bleiberecht in Frage kommt.

Hans-Georg Odenthal, Anwalt des Vietnamesen, sieht hingegen Brandenburgs CDU-Innnenminister in der Pflicht: „Jörg Schönbohm hat die Altfallregelung von 1999, nach der langjährig hier lebende abgelehnte Asylbewerber ein humanitäres Bleiberecht bekommen sollen, besonders restriktiv umgesetzt.“

Weil Xuan Khan Ha am Stichtag 19. November 1999 keinen Arbeitsplatz hatte, bekam er kein Aufenthaltsrecht, obwohl er danach einen festen Job auf einem Fruchthof fand und frei von Sozialhilfe für sich und seinen Sohn sorgte. „In Berlin hätte mein Mandant damit längst ein Aufenthaltsrecht“, meint Odenthal. Weil Brandenburg eine großzügige Regelung verweigere, hangele sich das Land derzeit von einem vietnamesischen Kirchenasyl zum nächsten.

In der versuchten Abschiebung des allein erziehenden Vaters Xuan Khan Ha sieht die bündnisgrüne Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter aus Brandenburg eine Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention. Artikel 9 und 10 verbieten, so Schroedter, Eltern und Kind gegen ihren Willen durch staatliche Gewalt zu trennen. In einem offenen Brief fordert die Europaabgeordnete Innenminister Schönbohm auf, die geplante Abschiebung zu verhindern. „Die Bundesrepublik als Vertragsstaat sollte beispielhaft mit ratifizierten Konventionen umgehen.“

Das Innenministerium in Potsdam war für die taz nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.