E.ON ÜBERNIMMT RUHRGAS: AUFLAGEN UNTERHALB DER SCHMERZGRENZE: Oligopol wird Gasmarkt beherrschen
Am Anfang stand der Wille – nicht die Vernunft. So hat das Wirtschaftsministerium gestern zum zweiten Mal die Übernahme der Ruhrgas AG durch den Energiekonzern E.ON genehmigt. Mit dieser Entscheidung demonstriert das Ministerium nun abermals: Der Firmenzusammenschluss soll auch gegen das Votum des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission stattfinden. Drei Tage vor der Bundestagswahl ist die Entscheidung von Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke auch ein Zeichen an die Industrie, dass Global Players aus Deutschland mit der Unterstützung der Sozialdemokraten rechnen können. Bei der zweiten Genehmigung sind nun die Auflagen etwas strikter ausgefallen als beim ersten Mal – ob sie allerdings dazu beitragen, den beherrschenden Einfluss der beiden Konzerne auf dem Markt entscheidend zu begrenzen, darf bezweifelt werden.
Das war wohl auch nicht beabsichtigt. Die Auflagen enden dort, wo E.ON seine Schmerzgrenze markiert hat. Die Abspaltung vom Konzern der in München ansässigen Gesellschaft Thüga, mit der E.ON rund 130 Stadtwerke kontrolliert, hat das Wirtschaftsministerium deshalb gar nicht erst verlangt – aus Angst, E.ON würde die Übernahme der Ruhrgas platzen lassen. Das ist der beste Beweis: Die Megafusion und der gute Draht zum Unternehmensolymp sind der Schröder-Regierung wichtiger als faire Verhältnisse auf dem Markt.
Die Auflagen sehen dementsprechend aus: E.ON und Ruhrgas müssen mehr Gas an ihre Konkurrenten verkaufen, als in der ursprünglichen Genehmigung vorgesehen. Aber eben nur für zehn Jahre. Und nur beschränkte Mengen, die pro Jahr maximal etwa 3,5 Prozent der gesamten in Deutschland gehandelten Gasmenge ausmachen. Das könnte sich in Zukunft als deutlich zu wenig erweisen, um freien Handel zu ermöglichen sowie Privatverbraucher und Wirtschaft von niedrigeren Preisen profitieren zu lassen.
Wenn es schlecht läuft, wird das heutige Gasmarkt-Oligopol, etwas neu sortiert, einfach weiterwirtschaften. Das hätte das Wirtschaftsministerium mit schärferen Auflagen verhindern können – oder gleich mit dem Verbot der Fusion.
HANNES KOCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen