: Hamburg bleibt spaßfrei
18 Prozent wollte die FDP erreichen. In Hamburg langte es für 6,8 Prozent. Rainer Funke macht weniger die eigene Politik als den Möllemann-Effekt verantwortlich
Bei der FDP in Hamburg kennt man an diesem Abend nur einen Verantwortlichen, und der heißt Jürgen Möllemann. Der FDP-Frontmann aus Nordrhein-Westfahlen ist auch daran Schuld, dass „wir aus Hamburg wohl nicht mal einen einzigen Abgeordneten nach Berlin schicken können, nicht mal den Funke“, raunt eine FDP-Frau ihrer Nachbarin zu, als die vierte Hochrechnung über den Bildschirm flackert. Der Hamburger Spitzenkandidat selbst ist längst zur zentralen Wahlveranstaltung ins CCH aufgebrochen.
Zuvor hatte auch Funke das Enfant terrible der Bundes-FDP für das schlechte Abschneiden der Liberalen verantwortlich gemacht. Bundesweit 7,4 Prozent nach der vierten Hochrechnung, das ist nicht einmal die Hälfte der avisierten 18 Prozent, mit denen man in den Ring gestiegen war. Funke räumte dann auch ein, „natürlich etwas enttäuscht“ zu sein. Zwar habe die FDP im Vergleich zur vorigen Bundestagswahl wohl etwas zugelegt. Aber „bei den Erwartungen, die wir gehegt haben, vermag das natürlich nicht zu befriedigen“. Zumal nicht einmal sicher sei, dass er seinen Sitz im Bundestag behalten könne. „Der Möllemann-Effekt“, resignierte der Hamburger FDP-Spitzenkandidat, „hat uns kräftig reingehagelt.“ Wenigstens für diese Feststellung gab es in der FDP-Landesgeschäftsstelle Applaus.
Seit die dort Versammelten die schlechten Prognosen kennen und den Schuldigen ausgemacht haben, zeigen sie am weiteren Wahlgeschehen kein weiteres Interesse. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) tritt auf – Desinteresse. Petra Pau von der PDS ist zu sehen, da hört sowieso niemand zu. Selbst als Guido Westerwelle auf dem Bildschirm erscheint, ertönt zwar kurz Applaus. Das Interesse am eigenen Bundesspitzenkandidaten ist aber wieder abgeebbt, ehe er den ersten Satz gesprochen hat. Längst ist man von Jever Fun auf richtiges Bier umgestiegen, aber selbst das vermag die Stimmung nicht anzuheizen. Schulsenator Rudolf Lange ist der Meinung, dass die Hamburger Politik keinen Einfluss auf das Abschneiden im Bund hat. Wobei er weiß, „dass man für Sparpolitik keine Belohnung bekommt“. Patricia Martinez Tonn, die 1998 vergeblich für einen Sitz im Bundestag kandidiert hatte, kritisiert, durch den Möllemann-Streit „die Bevölkerung verwirrt zu haben“.
Elke Spanner
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