Verschlungene Wege nach Kärnten

Ex-FPÖ-General gründet Büro in Halle: Für eine „europäische Achse der Rechten“ oder für dunkle Geschäfte?

HALLE taz ■ Was sucht Peter Sichrovsky, der eben erst zurückgetretene Generalsekretär der Freiheitlichen Partei Österreichs, ausgerechnet in Halle? Mit dem Briefkopf des Europäischen Parlaments und dem Absender als FPÖ-Generalsekretär zeigte Sichrovsky Ende August mehreren Behörden die Eröffnung eines „offiziellen Büros“ an. Der 55-Jährige sitzt seit 1996 als fraktionsloser Abgeordneter auch im Brüsseler Parlament, wird dort allerdings selten gesehen.

Sein SPD-Kollege Ulrich Stockmann aus Sachsen-Anhalt ist alarmiert. Nach Treffen des FPÖ-Frontmanns Jörg Haiders mit dem rechtsextremen „Vlaams Block“ in Belgien oder der italienischen „Lega Nord“ vermutet der EP-Abgeordnete Pläne für eine „paneuropäische Achse der Rechten“. Haider wolle „den Schrott der bisherigen regionalen Versuche von DVU, Schill, FDVP & Co. in Ostdeutschland einsammeln“, sagt Stockmann.

Sichrovsky bezeichnete gegenüber österreichischen Medien die Büroeröffnung als „reine Privatangelegenheit“. Auf seinem Hallenser Türschild dominiert aber der EU-Sternenkreis auf blauem Grund. Die Schill-Partei in Sachsen-Anhalt dementierte Kontakte zur Haider-Partei nicht ausdrücklich, weist jedoch „künstliche Parallelen“ zurück.

Von „befreundeten Parteien“ spricht Franz-Josef Reichmann, Bundesgeschäftsführer der „Freiheitlichen Deutschen Volkspartei“ in Erfurt. Die FDVP war 1999 aus der „Deutschen Volksunion“ im Magdeburger Landtag hervorgegangen und wird vom Landesverfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Frontfrau Claudia Wiechmann zeigte sich auf Wahlplakaten gemeinsam mit Jörg Haider. „Wir werden die Wege nach Kärnten aufrechterhalten“, fügt Geschäftsführer Reichmann hinzu. Vom Sichrovsky-Büro in Halle hatte er allerdings noch nichts gehört.

Inzwischen mehren sich aber die Hinweise, dass Sichrovsky das Etikett des Europäischen Parlaments nur zur Verfolgung handfester wirtschaftlicher Interessen benutzt. Die Büroräume mit gemeinsamer Sekretärin wurden von einer „Stern Corporation GmbH“ angemietet. Hinter der ominösen Firma steckt Eli Gampel, ein stadtbekannter Unternehmer aus dem Rotlichtmilieu. Gegen ihn sollen im November zwei lange anhängige Verfahren wegen Untreue und vielfachen Betrugs abschließend verhandelt werden.

Gampel hatte sich 1996 das Vertrauen orthodoxer Kreise der Jüdischen Gemeinde in Halle erschlichen und war für ein Jahr sogar zum Vorsitzenden gewählt worden. Mittlerweile vertritt er die Privatbank „Strategica“ aus dem US-amerikanischen Miami. Eine offizielle Auskunft über den Zweck der Bürogemeinschaft ist nicht zu erhalten. Medienberichte sprechen von angeblicher Fördermittelberatung und Investorenwerbung in den USA. Von Gampel und seinen „ruinösen“ Praktiken distanzierte sich die Jüdische Gemeinde in Halle jetzt nochmals ausdrücklich und warnte vor einer antisemitischen Auslegung des Falles.

MICHAEL BARTSCH