vorlauf bühne Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Lang ist es her, seit uns die erste Frühlingssonne wärmte. Jetzt ist Herbst, und vor der Kälte der Welt bieten nur noch die Theater Asyl. Zum Beispiel der Prater, der Einsehen zeigt und uns zurück- (oder vorversetzt) in die Nacht zum ersten Mai. Doch von lauschig keine Spur. Feuer fressen den Himmel, es ist Walpurgisnacht. Sechs Menschen, auf der Flucht vor der Polizei, fliehen in eine Wohnung. Verschanzen sie sich dort oder sind sie unter Hausarrest? In Tim Staffels Stück dieses Namens wird das so schnell nicht klar. Weil nichts mehr klar ist im hyperrealen Raum, in dem wir leben. „Hausarrest“ eröffnet am Freitag die Spielzeit im Prater. Im Deutschen Theater steht mit Konstanze Lauterbachs Inszenierung von Eugene O’Neills „Trauer muss Elektra tragen“ ebenfalls die erste Premiere der Spielzeit an. O’Neill verlängerte die Orestie des Aischylos mit den Mitteln der Psychoanalyse in die Gegenwart. Und weil das auch schon wieder eine Weile her ist, verspricht das Theater nun gelegentliche Nähe zur Soap (ab Donnerstag). Die Kammerspiele zeigen ab Samstag eine Inszenierung des nach Berlin zurückgekehrten Jürgen Kruse, T. S. Eliots „Die Cocktailparty“. Wieder einmal verbeißen sich Menschen ineinander, die nicht lieben können. „Mein Theater ist nicht nur ein großer Felsen, der einem Land aus seiner Unterentwicklung hilft, sondern ein Stein im Welt-Theater-Gebäude“, sagt der tunesische Regisseur Fadhel Jaibi. Im Rahmen der Berliner Festwochen sind mehrere seiner Arbeiten zu sehen gewesen. Zum Abschluss zeigt das Hebbel-Theater „Familia“, ein Stück (in tunesischem Dialekt mit deutscher Übersetzung) über drei Frauen, in dem orientalische, westeuropäische und amerikanische Theatertechniken verschmelzen (Freitag bis Sonntag).