: Im Visier des Finanzamts
Die ARD wehrt sich gegen Steuern, die das ZDF schon lange zahlen muss
BERLIN taz ■ Was nach 20 Uhr tabu ist, bringt am Vorabend viel Geld: Werbung bei den Öffentlich-Rechtlichen. Allein bei der ARD beliefen sich die Einnahmen 2001 auf satte 281,4 Millionen Euro. Ein hübsches Sümmchen, das bei herkömmlichen Wirtschaftsunternehmen eine horrende Steuerforderung nach sich ziehen würde. Bei der ARD war das lange Zeit nicht üblich, und so wundert man sich jetzt, dass plötzlich Zahlungsbescheide in die Anstalten flattern. 464 Millionen Euro Nachzahlung wollen die Finanzämter für die Jahre 1995 bis 2000 – Zinsen bereits inbegriffen. Die ARD weist die Forderungen erbost zurück, will zur Not juristisch dagegen vorgehen.
Nach eigener Rechnung hat die ARD in dem Zeitraum nämlich gar keinen Gewinn gemacht: Für das viele schöne Geld aus der Werbung wurden nämlich viele schöne Vorabendserien produziert: „Verbotene Liebe“, „Marienhof“ oder auch das neue Vorzeigeprodukt „Sternenfänger“. Und danach war vom Gewinn nichts mehr übrig – zumindest stand in den ARD-Büchern nie ein Plus vor der Bilanz und folglich wurden auch keine Steuern gezahlt.
Das machte den Bundesrechnungshof stutzig, denn das ZDF zahlte im gleichen Zeitraum anstandslos. In einem Bericht stellte die Behörde 1998 dann auch fest, die ARD habe „ungerechtfertigte Möglichkeiten zur Reduzierung des Gewinns“. Die Konsequenzen ließen allerdings auf sich warten: Erst im vergangenen Jahr einigten sich die Finanzbehörden mit der ARD darauf, dass von einem Gewinn in Höhe von 16 Prozent durch Werbeeinnahmen ausgegangen werden kann. Seitdem zahlt die ARD darauf Gewerbesteuer.
Der jetzige Streit dreht sich um Forderungen, die bis ins Jahr 1995 zurückreichen. Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums (BMF) haben die ARD-Anstalten über die Werbeerlöse – die angeblich alle ausgegeben wurden – nie einen abschließenden Steuerbescheid erhalten. Dass die Forderung jetzt nur wegen Haushaltsknappheit durchgesetzt werden solle, bestreitet eine Sprecherin des BMF.
Die ARD beklagt, dass eine Zahlung in dieser Höhe sich negativ auf das Programm oder die Rundfunkgebühren auswirken würde, so ARD-Chef Fritz Pleitgen gegenüber der SZ. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) schätzt aber, dass die ARD genug Mittel für die Steuernachzahlung besitzt. Ausserdem seien die Rundfunkgebühren bis 2004 bereits festgelegt. MARKUS MÜNCH
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