: Quarantäne für IWF und Weltbank
Washington bereitet sich auf globalisierungskritische Demonstrationen in den Dimensionen von Genua vor
WASHINGTON taz ■ Pünktlich zur Herbsttagung von IWF und Weltbank finden sich in Washington auch die Globalisierungskritiker ein. Die Veranstaltungen der „Global Justice Week“ rufen bereits seit Sonntag zum Einsatz für weltweite Gerechtigkeit auf. Die Protestaktionen werden mit der morgigen Großkundgebung ihren Höhepunkt erreichen, bis zu 25.000 Teilnehmer werden erwartet. Thema der Demo:„Stellt die Gier der Konzerne unter Quarantäne“. Die Organisatoren zielen damit auch auf die Bilanzskandale bei Unternehmen wie Enron und Worldcom.
Die Hauptgebäude von IWF und Weltbank, die sich im Zentrum von Washington gegenüber stehen, dürften tatsächlich unter einer Art Quarantäne stehen. Demonstranten planen Straßenblockaden, während die Polizei ihrerseits zahlreiche Straßen in der Innenstadt sperrt. Das US-Finanzministerium hat eigens dafür fünf Millionen Dollar bewilligt. Der Polizeichef der Hauptstadt, Charles Ramsey, sorgt sich unterdessen, dass unter dem erhöhten Polizeiaufgebot die Reaktionsfähigkeit auf mögliche terroristische Angriffe in den kommenden Tagen leiden könne.
Die Organisatoren indes ärgern sich vor allem über US-Medienberichte, die nur gewalttätige Proteste bei vergangenen Wirtschaftsgipfeln thematisierten, ohne aber die Forderungen der Demonstranten zu erwähnen. Die lauten vor allem: Die Tagungen von Weltbank und IWF sollten nicht länger hinter verschlossenen Türen stattfinden. Beide Organisationen sollten den Schuldnerländern deren Schulden erlassen und Strukturanpassungsprogramme abschaffen, die für Menschen in den unter IWF-Kuratel stehenden Ländern den Zugang zu Nahrung, Trinkwasser, Ausbildung und Gesundheitsversorgung erschweren. Die Weltbank sollte zudem die Förderung sozial und ökologisch schädlicher Projekte stoppen.
Für die Veranstalter des Gegengipfels wird diese Herbsttagung ein Test sein. Die Antiglobalisierungsbewegung hat in den USA durch die Anschläge auf WTC und Pentagon vor einem Jahr einen kräftigen Einbruch erlitten. Die letzte Herbsttagung von IWF und Weltbank fiel inklusive der Proteste aus. Gegen die Frühjahrstagung ließen sich im April nur relativ wenige Demonstranten mobilisieren. „Die Leute sind abgelenkt. Sie haben Angst vor Krieg und der Verletzung von Bürgerrechten in den USA“, erklärt David Levy von Mobilization for Global Justice. „Wir müssen ihre Aufmerksamkeit zurückgewinnen.“ NICOLA LIEBERT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen