Strenger Geruch

Shanghai-Tage als Teil der China-Wochen in Hamburg eröffnet. Uiguren, Tibeter und Falun-Gong-Leute protestieren gegen Unterdrückung

„Die Veranstalter haben das hässliche Antlitz des Polizeistaats ausgeblendet“

von GERNOT KNÖDLER

Mit den Kollektionen „Wind aus China“ und „Übersee-Stimmung“, präsentiert auf dem Rathausmarkt, will Shanghais Textilindustrie bei den China-Wochen die Herzen der Hamburger erobern. Doch der Wind trägt einen strengen Geruch: Menschenrechtsverletzungen gehören ebenso zum modernen China wie seine aufstrebende Wirtschaft.

„Die Veranstalter der China-Wochen haben sich dem schönen Bild des kulturell betörenden und wirtschaftlich beeindruckenden Reichs der Mitte hingegeben und dabei das hässliche Antlitz des undemokratischen Polizeistaats ausgeblendet“, kritisierte Alexander Porschke von der GAL-Bürgerschaftsfraktion. Vertreter der Tibeter und Uiguren sowie der Bewegung Falun Gong machten vor der Eröffnung der Shanghai-Tage auf ihre Unterdrückung durch den chinesischen Staat aufmerksam. Der Senat setze auf die „bewährte Freundschaft“ mit der Partnerstadt und darauf, „für Shanghai das Tor zu Europa“ zu bilden.

Im Rathaus war man auf Proteste vorbereitet und nervös: Der Hintereingang war verriegelt, Besucher mussten sich rechtfertigen. Selbst im Gebäude wurde kontrolliert. „Ein bisschen stellt man sich damit auf die falsche Seite“, fand Porschke. Er will den Senat auffordern, eine Foto-Ausstellung zu Menschenrechtsverletzungen in China, Tibet und der Provinz Ostturkestan sowie eine Informationsveranstaltung der Gruppe Falun Gong ins Programm der China-Wochen aufzunehmen.

Helmut Steckel, Sprecher der Tibet-Initiative Hamburg, wies auf die mehr als 50 Jahre währende Besetzung des Landes hin. Die Ausstellung dokumentiere die Zustände in den chinesischen Gefängnissen, die Folter und Hinrichtung von Gefangenen. „Wir halten kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen durchaus für richtig“, sagte Steckel. Dabei müssse China jedoch gedrängt werden, die Unterdrückung zu beenden.

Die Tibeter wie die Uiguren aus Ostturkestan befürchten, von den vielen Han-Chinesen, die in ihre Provinzen strömen, verdrängt zu werden. Ihre Vertreter verlangten die Achtung ihrer Kultur und Religion. Politisches Ziel sei eine „weitgehende Autonomie im Rahmen des chinesischen Staatenverbandes“.

Einem ähnlich starken Verfolgungsdruck sind die Mitglieder der Meditationsbewegung Falun Gong ausgesetzt. Dabei handelt es sich um einen buddhistischen Weg der Kultivierung mit taoistischem Einschlag. Seine Anhänger praktizieren Bewegungsübungen aus dem Qi Gong, der chinesischen Heilgymnastik, und die Sitzmeditation nach dem Vorbild des Buddha. Ihr Leitbild sind die Prinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht.

„Falun Gong ist absolut unpolitisch“, versicherte Manyan Ng von der Meditationsbewegung. Diese sei erst verboten worden, als ihre Mitgliederzahl die der Kommunistischen Partei Chinas übertroffen habe. Porschke zitierte den Menschenrechtsbericht der Bundesregierung, nach dem Falun Gong von der chinesischen Regierung vor dem Hintergrund des ideologischen Zerfalls der KP und dem sich daraus ergebenden geistigen Vakuum als Gefahr betrachtet werde. Seit 1999 werden Falun Gong-Anhänger verfolgt. Ein Rückzug ins Private kommt für sie nicht in Frage. „Es ist in China eine uralte Tradition, dass die Übungen im Freien stattfinden“, sagte Ng.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) kündigte an, er werde die Zusammenarbeit mit Shanghai weiter ausbauen. Zum Beispiel wolle die Hamburger Universität von ihren Shanghaier Schwester-Einrichtungen Traditionelle Chinesische Medizin lernen. Das Gymnasium Marienthal werde 2003 einen deutsch-chinesischen Zweig einrichten.

Die Foto-Ausstellung, mit der die GAL das umfangreiche Veranstaltungsprogramm der China-Wochen ergänzen will, ist vom 30. August bis zum 4. Oktober im Kulturhaus Eppendorf zu sehen. Am 12. Oktober von 10 bis 16 Uhr stellt sich Falun Gong auf den Langen Mühren vor.