: Die Pin-Up-Alternative
Kuschels beim Kochen: Nackte Männer mit Küchengeräten zeigt ein neuer Kalender aus Bremen. Für alle, die mehr auf liebe Hausmänner als auf Muskelprotze abfahren
Frauen, die ihre Hüllen fallen lassen, sind schon seit Ewigkeiten beliebt. Mittlerweile aber scheinen die Leute zu entdecken, dass auch ein nackter Mann entzücken kann.
Immerhin liegt schon der zweite Kalender auf dem Tisch, in dem die Kerle leichtbekleidet daherkommen. Das tut dem Po-und-Busen gequälten Auge wohl: Erst die Feuerwehrleute, die mit Muskeln und Löschwerkzeugen spielen und die Schwulen an Ground Zero entzücken, nun die gemütlichere Variante für den Hausgebrauch: Zwölf Nackedeis mit ihren Lieblings-Küchenutensilien.
Der Fotograf Frank Scheffka hat die Nackten auf seinen Bildern vom Bodybuilding-Körper befreit und politisch korrekt domestiziert. Da hüpft einer mit dem Feudel herum, der nächste kuschelt mit dem Elektro-Mixer, ein anderer streckt die Espresso-Maschine in die Kamera. Die Männer sollten ihre persönliche Beziehung zu den Geräten ausdrücken, sagt Scheffka.
Sauer aufgestoßen seien ihm die Pin-Up-Kalender von diversen Werkzeugherstellern, die ihre jeweiligen Gerätschaften komplett bezugslos mit nackten Frauen illustrierten. Dem wollte er etwas entgegensetzen, und einmal Dinge und Nackte in anderer Weise kombinieren. Der „Neue Mann“ allerdings, der den Kochlöffel schwingt und sich seiner Spinnenbeine oder einer kleinen Wampe überm Hosenbund nicht schämt, ist ein nicht mehr ganz junges Klischee, und den Nacktputzer kann man sich auch nicht erst seit gestern bestellen. Das muss der Freude am Objekt keinen Abbruch tun, eine außergewöhnliche Neuheit oder Provokation stellt das Konzept aber auch nicht dar.
Für Scheffka und seine Kumpels, die ihm Modell gestanden haben, stand wohl der Spaß im Mittelpunkt. Die Küchenjungs schauen belustigt-ironisch aus der nicht vorhandenen Wäsche, was sie trotz teils üppiger Tätowierung noch schnuffeliger erscheinen lässt. Scheffka wiederum ist froh, wenn er die bisherige Auflage von 100 Exemplaren verkaufen und damit seine Unkosten decken kann.
„Haushaltskalender“ nennt er sein Werk, das analog zu den „Sägenludern“ in der Tischlerei in jede WG-Küche gehöre. Die grafische Gestaltung hätte aber trotzdem nicht so hausväterlich-bieder ausfallen müssen. Warum sind die Kerle nur in diese altbackenen Eierform-Blenden gehüllt, und musste die Schrift tatsächlich so süßlich ausfallen? Auch ein durchgängiges Konzept fehlt den Fotografien: mal sind die Körper durch Weitwinkelaufnahme karrikaturhaft verzerrt, mal unscharf, mal gibt‘s normale Proportionen.
Aber geschenkt, es verhält sich wie beim bösen Werkzeugluder-Vorbild: Wer die Nackedeis ins Herz geschlossen hat, der oder die lässt sich doch durch formale Schönheitsfehler nicht schrecken. Lene Wagner
Zum Kalender läuft eine Ausstellung in der Kneipe „Karo“ noch bis zum 8. Oktober. Erhältlich ist er für 11 Euro im „Karo“ und bei Frank Scheffka, Tel. 0421-3780867, für etwas mehr im Buchladen „Andere Seiten“, Brunnenstraße 15-16.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen