: Georgie, Donnie und Condie
US-Zeitungen sind zuversichtlich, dass sich die deutsch-amerikanische Krise bald klärt. Viele greifen sogar Bushs harten Kurs an, nur die erzkonservative Presse steht stramm hinter ihrem Präsidenten
von TOBIAS MOORSTEDT
Colin Powell kennt sich aus bei uns. „In Deutschland fällt man keine Bäume. Das muss man akzeptieren“, schreibt er in seinen Memoiren. Mitte der 80er-Jahre war der heutige US-Außenminister Colin Powell Kommandant der amerikanischen Truppen in Frankfurt. Eines Tages machte die Frankfurter Ortsgruppe der Grünen der US-Armee ein Geschenk. Sie pflanzten 100 Bäume auf dem Panzerübungsgelände. Gärtner damals: unter anderem ein gewisser Joschka Fischer. Powell blieb jedoch ganz ruhig und ließ die Bäume in den Wohnanlagenbereich des Armeegeländes verpflanzen. Er war eben schon damals ein guter Diplomat. Diese schöne Geschichte erzählt der Kolumnist Todd Purdum in der Wochenendausgabe der New York Times. Ihm macht diese Episode Mut für die Zukunft der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Er beschließt den Artikel mit den hoffnungsfrohen Worten: „Powell und Fischer wissen, wie man Konflikte löst.“
Gelassene Reaktionen
„Deutsch-Amerikanische Freundschaft – die Zerreißprobe“, titelt der Spiegel in dieser Woche. Eine ausbleibende Glückwunschkarte und der kühle Händedruck von Warschau haben nicht nur in dem Hamburger Nachrichtenmagazin eine tiefe Verunsicherung über die Qualität der Westbindung der Republik ausgelöst. Die amerikanischen Medien reagieren sehr viel gelassener auf die diplomatischen Verstimmungen der alten Bündnispartner. So schrieb die Los Angeles Times schon in der vorangegangenen Woche: „Eine gute Mutter würde George und Gerhard sagen: Hört auf zu streiten, Kinder. Und gebt euch endlich die Hände.“ Der Leitartikel klang ein wenig ungeduldig. Schließlich haben die USA ganz andere Probleme. Den heftigen Streit zwischen Tom Daschle, dem Mehrheitsführer der Demokraten im Kongress, und Präsident Bush über die richtige Irakpolitik zum Beispiel.
Das konservative Wall Street Journal schrieb bereits am vergangen Donnerstag: „Höchstwahrscheinlich hat Schröder keinen permanenten Schaden am westlichen Bündnis angerichtet. Die Deutschen sind gegen den Krieg, aber nicht gegen Amerika.“ Die Los Angeles Times erinnerte Bush daran, dass ein Viertel aller Amerikaner deutschstämmig sei und Deutschland eines der größten Abnehmerländer für US-Produkte. Die New York Times schrieb in einem Leitartikel, Schröder und Fischer hätten mit der Eliminierung von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin aus dem Kabinett sowie dem Angebot in Afghanistan genug getan. Bush solle sich nicht wundern, dass Schröder seine Interessen über die Interessen eines Bündnispartners stelle. Schließlich mache Bush das ganz genauso.
Die New-York-Times-Kolumnistin Maureen Dowd führt die harte Haltung von Bush auf verborgene Unsicherheiten zurück und schreibt: Ich dachte ja eigentlich, die Bush-Regierung leide unter einer Testosteron-Vergiftung. Doch jetzt führen sich Georgie, Donnie und Connie auf wie zickige Schulmädchen, die eifersüchtig die unterlegenen Schüler piesacken.
Das überlegene Grinsen von Donald Rumsfeld in Warschau ist also vor allem eine Maske. Dahinter verbergen sich Umfragen, in denen 60 Prozent der Amerikaner einen Angriff auf den Irak ohne UN-Resolution ablehnen. Dahinter verbirgt sich ein launisches Parlament. Dahinter verbirgt sich auch ein Untersuchungsausschuss, der herausfinden soll, wie der Irak in den 80ern eigentlich zu den Bio- und Chemiewaffen kam. Auch ein gewisser Donald Rumsfeld soll damit zu tun gehabt haben. Er war damals US-Sonderbotschafter für den Nahen Osten. Deutschland hat in der amerikanischen Bevölkerung eigentlich seit geraumer Zeit ein gutes Image. Auf der Beliebtheitsskala stehen die Deutschen inzwischen nach den Briten und den Kanadiern auf Rang drei. Bei der Bush-Regierung mag das anders sein.
Die „Deutsche Welle“ zitierte dazu den Deutschlandexperten Professor Gerald Livingstone: „Seit dem Kalten Krieg sind wir es gewohnt, von den Deutschen uneingeschränkte Solidarität zu bekommen. Für Bush zählt aber vor allem der militärische Beitrag, und da haben die Deutschen nicht viel zu bieten.“
Rechter Beistand
Livingstone scheint Recht zu behalten. Die Medien des rechten Flügels stehen fest zu der harten Haltung des Präsidenten. So zum Beispiel die National Review, ein konservatives Magazin, das neben der Bibel das zweite Standarddruckwerk in der Aktentasche der Washingtoner Neokonservativen ist. Der Chefkolumnist des Blattes, Jonah Goldberg, findet deutliche Worte: „Deutsch ist eine Sprache, die nur zu dem Zweck entwickelt wurde, dem Gegenüber unter dem Mantel einer politischen Diskussion ins Gesicht zu spucken.“ Es gebe keine Entschuldigung für die Deutschen, die ihre besten Freunde und Retter behandelten, als seien sie die schlechten Jungs.
Der Rest der US-Presse kann sich jedoch ein leichtes Schmunzeln angesichts der wahlkampfgenerierten Krise nicht verkneifen: Maureen Dowd schreibt in ihrer Kolumne: „Sollen wir die Deutschen wirklich für ihren Pazifismus bestrafen? Wir sollten froh sein. Denn wenn diese Jungs erst mal Krieg spielen, dann wissen sie doch nie, wo die Bremsen sind.“
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