superminister clement: Mehr Rot – weniger Grün
Es ist einer dieser Posten, die nur politische Selbstmörder ergreifen: Wolfgang Clement, bisher Ministerpräsident in NRW, wird neuer Superminister in Schröders Kabinett. Wirtschaft und Arbeit in einem sind seine Zuständigkeiten – er wird also der Verantwortliche für die weitgehende Behebung der Arbeitslosigkeit, das Ringen mit den Wirtschaftslobbys und den Gewerkschaften um die anstehenden Veränderungen im Bereich Arbeit und Soziales und noch einiges mehr. „Viel Glück“, seufzen da selbst politische Gegner.
Kommentarvon REINER METZGER
Der 62-jährige neue „Bundessuper“ ist von seinem Lebenslauf her zweifellos der Qualifizierteste für diesen Posten: Er war schon mal Superminister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr in Nordrhein-Westfalen und ist mit Abstand der bedeutendste Landeschef der SPD. Seine Beinamen reichen von „Seine Effizienz“ über „Mann der Wirtschaft“ bis zu „Stoiber vom Rhein“. Da fehlt nur noch „Old Arbeitshand“ nach der Schaffung einer Million neuer Jobs, und er kann beruhigt als Held in Rente gehen.
Nur ein Macht- und Parteimensch wie Clement schafft es mit Rückendeckung des Kanzlers vielleicht, auch diejenigen Vorschläge der Hartz-Kommission durchzusetzen, die einflussreichen gesellschaftlichen Gruppen wehtun. So weit also ist die Berufung eine kluge Entscheidung Schröders. Das Problem ist allerdings, dass seine Vorzüge auch gleichzeitig Clements Nachteile sind: Die SPD in Nordrhein-Westfalen steht gerade für das Bewahren des rheinischen Filzes aus Gewerkschaften und Unternehmen. Die Arbeitslosen zogen im Kampf mit den Interessen der großen Parteispender und den Vertretern der Arbeitnehmer bisher meist den Kürzeren.
Auch dass der dringend gebotene ökologische Umbau der Wirtschaft Arbeitsplätze bringen kann, war Leuten seines Schlages bisher nicht beizubringen. Wenn es hart auf hart kam, handelte Clement gegen die Ökosteuer und das Dosenpfand, für Kohlesubventionen und Flughafenausbau. Da geht das pressewirksame Großprojekt immer vor dem langwierigen Bohren harter Bretter.
Mit ihrem neuen Kollegen werden die Grünen also noch viel Freude haben. Schröder weiß all das natürlich, und so kann man in der Berufung Clements schon eine bestimmte Richtungsentscheidung für die nächsten vier Jahre sehen: Grüner als bisher wird die Bundesregierung nicht, Wahlergebnis hin oder her.
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