Wohlfühlstoff statt teurer Produktion

Der WDR spart sein Metropolenfernsehen zusammen und lässt auch die Reportage verschwinden

KÖLN taz ■ Wenn es der Konkurrenz schlecht geht, lässt sich ganz entspannt wirtschaften. Ein wunderbares Credo für die Medien – da machen auch die Öffentlich-Rechtlichen gerne mit. Noch vor zwei Jahren sah der Westdeutsche Rundfunk (WDR) im regionalen Fernsehmarkt seine Felle davonschwimmen und startete daher im Dritten ein „Metropolenfernsehen“: Zwei eigene 35-minütige Fenster für die Ballungsräume Köln und Dortmund sollten der privaten Konkurrenz tv.nrw zuvorkommen, die im Oktober 2001 startete.

Jetzt geht es dem Privatsender schlecht, er selbst und die großen Anteilseigner WAZ-Gruppe und DuMont-Schauberg leiden unter der Anzeigenflaute. Für das WDR-Fernsehen eine gute Gelegenheit, klammheimlich den Rückzug aus dem Regionalen einzuläuten und entsprechende Pläne mit der „Programmreform 2003“ anzugehen. Dabei wollte man ursprünglich noch andere Großstädte wie Düsseldorf und Essen mit eigenem Programm versorgen. Stattdessen soll jetzt gespart werden: Die Metropolen-TV-Sendungen „WDRpunktKöln“ und „WDRpunktDortmund“ sollen von 35 auf je 20 Minuten reduziert und in eine neu gestaltete Nachmittagssendung zwischen 16 und 18 Uhr gesteckt werden.

In dieser Zeitschiene ist der WDR mit der Quote (4,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2001) unzufrieden. Künftig soll es nun ein zweistündiges Magazin mit „Wohlfühlatmosphäre“ geben, wie es in einer WDR-Vorlage für den Rundfunkrat heißt. Das ungeliebte Wort vom „Boulevardmagazin“ nimmt offiziell niemand in den Mund, suggeriert es doch Seichtheit statt publizistischer Kompetenz. Die Planungen für das neue Magazin laufen bereits, die Mannschaft ist schon ausgesucht, das Konzept steht grob fest (eine Mischung aus Service, Unterhaltung, Talk und regionaler Information), und auch die Themen sind abgesteckt (rund um Reise, Garten, Tiere und Ernährung).

Natürlich darf das neue Magazin – auch der WDR muss sparen – nicht viel kosten. Deshalb ist vorgesehen, dort „umfangreiches WDR-Programmvermögen (…) zu verwerten“, im Klartext: Wiederholungen zu senden.

Insider aus der Produzentenszene vermuten einen durchschnittlichen Minutenpreis von 80 bis 100 Euro. Das ist so wenig, „dafür kann man“, so ein Produzent, „nur ein schönes Standbild aus Rheda-Wiedenbrück liefern, wahlweise auch aus NewYork, natürlich mit NRW-Bezug, zum Beispiel das Bertelsmann Building“.

Im Papier zur „Programmreform 2003“ des WDR-Fernsehens ist auch zu lesen: „Es entfallen WDR-Reportage und WDR-Thema auf diesem Sendeplatz.“ Dabei waren diese Sendeformen erst im April wieder ins Dritte aufgenommen worden. Gabriel Heim, Wellenchef des WDR-Fernsehens, brüstete sich damals mit der „Wiederbelebung der Reportage“. Der nun geplante Wegfall lässt Produzenten ihre Aufträge verlieren, aber der WDR spart. Von einem neuen Sendeplatz für die Reportage ist im WDR-Papier für den Rundfunkrat keine Rede.

Das Gremium tagt morgen in Köln zum Thema Programmreform. Dabei werden sich die Rundfunkratsmitglieder auch fragen, inwieweit sie zum neuen Nachmittagsmagazin noch etwas mit entscheiden können, ist die Planung dafür doch schon in vollem Gange. FMK