: Alte Männer machen Krieg
In historischem Ambiente, aber mit Anspruch auf Heutigkeit: Axel Schneider inszeniert „Wallenstein“
„Den Begriff Heutigkeit mag ich sehr gern“, erklärt Axel Schneider. Das gibt dem Intendanten des Altonaer Theaters die Gelegenheit, sein Regiekonzept zu erläutern. Am Sonntag hat der dickste Brocken dieser Spielzeit Premiere: Schillers Wallenstein-Trilogie, gekürzt auf drei Stunden.
„Die Kostüme sind historisch angelehnt. Die Bühne ähnelt einer Burg“, verrät Schneider. Modernisierungen wie zuletzt bei Arturo Ui mit Einsatz von Videoprojektion werde es nicht geben. Das sei dem Stück nicht angemessen. „Die Brücken zur heutigen Zeit entstehen automatisch.“
Das Schwergewicht legt Schneider auf den Text: Der soll heutig gedacht werden. „Dadurch kriegt der Text eine große Frische.“ Es sei fast erschreckend, wie zeitaktuell das Stück immer noch sei: „Für einen Mitteleuropäer ist ein so langer Krieg gar nicht mehr denkbar“, meint der Regisseur. Dennoch ergäben sich im Kopf sofort Assoziationen zu jahrzehntelangen Konflikten in Palästina und Afghanistan.
Schon seit zwei Jahren laufen die Vorbereitungen zum Stück. Im Jahr 2000 schrieb Schneider die erste Textfassung mit Streichungen. Das Vorspiel „Wallensteins Lager“ fiel weitgehend unter den Tisch. Allein die dort vorgesehene Masse an Personen wäre für das kleine Altonaer Theater nicht handhabbar gewesen. Von Anfang an war Peter Bause als Wallenstein fester Bestandteil der Planungen. Den Schauspieler hat Schneider in Berlin kennen gelernt, wo Bause 18 Jahre lang Mitglied in Brechts Berliner Ensemble war.
Die Rollen der Kriegsherren sind gezielt mit älteren Schauspielern besetzt. Einem Alter, in dem man entweder Rentner wird oder große Politik macht. Bause ist mit seinen 60 Jahren noch der Jüngste, der Älteste bereits über 80. Schneider: „Das ist ein theatralisch überhöhtes Bild: Politik wird von Alten gemacht. Der Krieg hat so lange gewährt, dass die Alten den Frieden nicht mehr denken können.“
Als jugendlicher Gegenpol fungieren Thekla und Max, die mit ihrer Liebe zwischen die Fronten der alten Recken geraten. Der Regisseur hat hierfür mit Elena Meissner und Markus Mössmer zwei Nachwuchskräfte engagiert, die vorher in Bochum und Wien gespielt haben. „Die beiden wollen Frieden, damit sie ihre Liebe leben können“, macht Schneider ihren Part deutlich. Denn für seine Inszenierung hat er sich vorgenommen, wie Schiller eine martialische Umwelt mit großen persönlichen Emotionen spannend zu verknüpfen.
Christian Rubinstein
Premiere: Sonntag, 13.10., Uhr; weitere Aufführungen: tägl. bis 16.11., 20 Uhr + 17.11., 19 Uhr, Sa, 26.10. + 16.11. auch 15.30 Uhr, Altonaer Theater
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