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Mysogyne sollen bluten

So romantisch wie der Kauf von Hackfleisch: Das B-Movie zeigt einen Monat lang Rape-Revenge-Filme – vom Klassiker „She-devils on Wheels“ über „Ms. 45“ bis zu Neuestem wie „S.“

Männer werden zu körperlichen, Schmerz intensiv erlebenden Wesen

von DORO WIESE

Vergewaltigung und Rache gehören in Rape-Revenge-Filmen zusammen wie siamesische Zwillinge. In diesem Genre greifen Frauen so exzessiv zur Waffe, dass sie als Rächerinnen ihres gesamten Geschlechts erscheinen. Keinesfalls nur der einzelne Vergewaltiger, sondern sämtliche Vertreter des männlichen Geschlechts stehen unter Beschuss – vorausgesetzt, sie verhalten sich entsprechend einer Sichtweise, die von der sexuellen Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Frauen ausgeht.

Entgegen der kulturellen Konvention werden Männer zu körperlichen, Schmerz intensiv erlebenden Wesen, und müssen zur Strafe für ihre Grenzüberschreitungen Folter und Tod erleiden. Der Weg zu anderen Genres wie Splatter- und Gorefilmen ist von hier aus nicht weit. Dass Vergewaltiger und Misogynen bluten sollen, wird in Rape-Revenge-Filmen oftmals wortwörtlich genommen.

Insbesondere die ersten drei Filme der Reihe im B-Movie besitzen eine Vorliebe für blutige Zwischenfälle. Dabei sind She-devils on Wheels und Ms. 45 durch jahrzehntelanges Screening maßgeblich an der Genrebildung beteiligt. In She-devils überschreitet eine Frauenbande auf Motorrädern jegliche Geschlechterkonvention, indem sie Männerkörper auf den Wert von Hackfleisch reduzieren: „Wir behandeln Männer wie Fleischstreifen“, lautet ihr Motto, das sie auch bei der allabendlichen Fleischbeschau praktizieren. Erst als ein Bandenmitglied das Gesetz der Polygamie durchbricht, beginnt ein Krieg der Geschlechter. Dabei kommen die so genannten Man-Eaters richtig in Fahrt, wenn auch ihre Motorräder die 30 km/h-Grenze nicht bezwingen.

In Ms. 45 greift eine stumme Schönheit zu Schusswaffe und Schneidemesser, nachdem sie zweimal vergewaltigt wurde. So entwickelt sich ein der Eigenschaften seiner Protagonistin wegen ambivalenter Show-down: Denn je häufiger sie abdrückt mit ihrer Waffe, desto mehr gleicht sie einer Phantasie männlichen Begehrens, bis sie schließlich im Nonnenkostüm ganz der Heiligen/Hure gleicht.

Anders verfährt A Gun for Jennifer. Hier werden Frauen nicht aus dem Affekt, sondern aufgrund ihrer Analyse geschlechtsspezifischer Gewalt zu Mörderinnen. Vom Underdog bis zum Mafiaboss muss jeder dran glauben, der sich gewalttätig an Frauen vergreift. Einziger Nachteil dieses beschaulichen Vergnügens, das bei der Erstaufführung in Montreal frenetischen Beifall erntete, ist sein Finale: nicht einzusehen, warum Mitglieder der rächenden Girl-Gang ihren Einsatz nicht überleben.

Vollends ärgerlich ist S., der auch im Rahmen der Lesbisch-Schwulen Filmtage läuft. Hier nimmt Regisseur Guido Henderickx das Genre zum Anlass, um einen alternativen Porno zu drehen. Die schöne S. sucht in diesem Film Liebe und Aufgehobensein und findet sexuellen Missbrauch und Ablehnung. Indem sie sich in ein ultimatives Sexobjekt verwandelt, lockt sie missbrauchende Männer an, an denen sie sich rächt. Dass der Film jedoch keinesfalls den selbst auferlegten Objektstatus von S. überschreitet, zeigt sich nicht nur in den zahlreichen Peepshow-Szenen und Sexeinlagen, deren lesbische Varianten vollkommen unmotiviert und ohne Ausstrahlung inszeniert werden.

So kann man froh sein, dass die letzten beiden Filme der Reihe eine Modernisierung des Genres in queer-feministischer Weise vornehmen. het Paradise erkundet mit einer Lakonik, die an Warmerdam-Filme erinnert, wie die graue Tristesse und Engstirnigkeit des holländischen Landlebens durch Sex und Gender auf ihre gewaltsame Spitze getrieben wird. Währenddessen fragt Die Nacht des Schmetterlings gar nicht mehr danach, wofür die Protagonistin Eevi eigentlich Rache nimmt. Eevi heizt als weibliches Pendant für alle frauenmordenden Psychopathen der Kinogeschichte über die Leinwand, eher versehentlich Opfer produzierend: Weil der Mann keinen Sex haben will und ihr die Frau keine Liebe schenkt. So einfach ist das, und so schön anzuschauen.

A Gun for Jennifer: Sa, 20.30 Uhr + 22.30 Uhr, So, 20.30 Uhr; She-devils on Wheels: Do, 17. + Sa, 19.10., 20.30 Uhr; Ms. 45: Sa, 19.10., 22.30 Uhr + So, 20.10., 20.30 Uhr; het Paradise: Sa, 26., 22.30 Uhr + So, 27.10., 20.30 Uhr; S.: Do, 24. + Sa, 26.10., 20.30 Uhr; Die Nacht des Schmetterlings: Do, 31.10., 20.30 Uhr, Sa, 02.11., 20.30 Uhr + 22.30 Uhr, So, 03.11., 20.30 Uhr, B-Movie

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