rosi rolands bremer klatschgeschichten
: Die Kulturhauptstadt im Müllcontainer

Ich mag ja den Kuno Böse, den alten Berliner: Wie der hier kurz nach Amtsantritt die Kulturhauptstadt ausrief, das hatte Klasse – richtige Hauptstadt-Klasse eben. Die Sitzungszimmer rochen immer so richtig nach Rauch und Schweiß, wenn die Herren ihr Hauptstadt-„Brainstorming“ hatten. Das war dann fast wie früher, als ich noch in Künstlerkneipen gewischt hab.

Aber jetzt bin ichein bisschen durcheinander. Gerade habe ich aus dem Container der Kulturbehörde so ein komisches Buch geklaubt: „Gutachten über die Standortparameter“ stand vorne drauf. Und „Bewerbung Bremens zur EU-Kulturhauptstadt (2010).“

Also: Dass da im Müll immer mal Pläne liegen, wo „Umstrukturierung der Behörde“ oder so was drauf steht, das bin ich ja schon gewöhnt. Aber jetzt auch die Kulturhauptstadt? Da habe ich einen ordentlichen Schrecken gekriegt.

In dem Buch stehen aber auch komische Sachen drin. So was von Thomas Mann: „Zum Geleit“. Und „drei Blicke zurück nach vorn“. So was schmeißt man vielleicht wirklich besser weg. Na ja, das mit den Stadtmusikanten war dann wieder lustig. Und dann ging‘s um das Aalto-Hochhaus in der Vahr und unsere Häfen. Büschen schwieriger war wieder das Kapitel mit dem „Bremen-Paradoxon“, das sich irgendjemand schon 1836 ausgedacht haben soll. Da steht: „In Bremen kämpfen 1. Internationalität versus Lokalität und 3. Weltoffenheit versus Selbstverliebtheit.“ „2.“ fehlt leider. Vielleicht flog ja deshalb alles in den Abfall. Ich darf das ja eigentlich gar nicht – aber ich hab den Müll mitgenommen und meinem Neffen Nico gezeigt, der immerhin Kulturwissenschaften studiert. Und der meinte: Das wäre nur so „Datenmüll aus dem Internet“, zur Bremer Kulturlandschaft würde da gar nichts drin stehen! So was in der Art hat der Senator wohl auch gebrüllt, sagt meine Kollegin, die immer vor dem Sitzungszimmer wischt. Na, und dann lag das Ding eben in der Tonne. Aber: Wer hat das Ganze denn in Auftrag gegeben?

Fragt sich

Ihre Rosi Roland