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Biomasse oder Sondermüll

Dem Widerstand von Anwohnern und Stadtrat zum Trotz soll in einer Dresdner Wohngegend schadstoffbelastetes Altholz verbrannt werden

DRESDEN taz ■ Noch immer sind viele Dresdner stolz darauf, in den letzten beiden DDR-Jahren ein hoch gefährliches Reinstsiliziumwerk in einer attraktiven Wohngegend verhindert zu haben. Unter demokratischen Bedingungen aber scheint ein solcher Erfolg gegen ein Altholz-Verbrennungskraftwerk nicht wiederholbar. 1.400 Unterschriften sammelte eine Bürgerinitiative gegen den Ausbau eines ehemaligen Heizkraftwerkes im Wohngebiet Niedersedlitz. Der Stadtrat sprach sich in einem Beschluss gegen die Verbrennungsanlage aus.

Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) schrieb im Februar dem Dresdner Regierungspräsidium als Genehmigungsbehörde und kritisierte, dass „wirtschaftliche Belange über die Schutzansprüche von mehreren hunderttausend Bewohnern des Elbtals gestellt werden“. Zugleich bat er den Betreiber, die Heidelberger Steag Energie-Contracting GmbH, um eine freiwillige Halbierung der Emissionswerte. Vergeblich. Ende September erteilte das Regierungspräsidium die Genehmigung.

Warum auch nicht, werden sich Freunde nachhaltiger Wirtschaft auf den ersten Blick fragen? Holz erzeugt bei seiner Verbrennung nicht mehr Kohlendioxid, als es bei seinem Wachstum schluckte. Das Bundesumweltministerium fördert die umstrittene Anlage deshalb nicht nur mit einem zinsgünstigen Kredit, sondern betrachtet sie als ein Pilotprojekt. Hintergrund ist ein Anfang 2001 geschlossener Kompromiss zwischen dem Trittin-Ministerium und den Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen. Diese hatten ursprünglich schadstoffbelastete Althölzer aus der Biomasseverordnung heraus- und damit auch von der Förderung ausnehmen wollen. Die Regierung aber setzte sich durch, dass auch belastetes Holz als Biomasse anerkannt wird.

Alle Grenzwerte der seit 1990 gültigen 17. Bundesimmissionsschutzverordnung würden eingehalten, verteidigte Sachsens Umweltminister Steffen Flath jetzt vor Demonstranten die Entscheidung des Regierungspräsidiums. Recherchen des Landesamtes für Umwelt und Geologie hätten ergeben, dass elf weitere vergleichbare Anlagen im Bundesgebiet auch keine günstigeren Werte aufwiesen. Doch die Anwohner schreckt auf, dass hier ausschließlich Althölzer der höchstbelasteten Kategorie IV verheizt werden sollen. Getränkte Eisenbahnschwellen oder lackierte Möbel beispielsweise, die eigentlich als Sonderabfall gelten müssten.

Die projektierten Mengen überschreiten das Aufkommen in Dresden beträchtlich, das wiederum in der unausgelasteten Anlage Schwarze Pumpe bei Hoyerswerda effektiver entsorgt werden könnte. Weder für den erzeugten Strom noch für das Wärmeangebot bestehe in Dresden Bedarf. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz aber sichert den Betreibern 20 Jahre lang attraktive Stromabnahmegarantien zu.

Außerdem verweist die Bürgerinitiative auf die besonders kritische Talkessellage und die häufigen Inversionswetterlagen der Stadt, die von jeher höhere Schadstoffkonzentrationen begünstigen. BI-Sprecherin Ines Stauch weiß, dass die Anlage nicht mehr generell zu verhindern sein wird. Die Forderungen gehen jetzt dahin, zumindest den möglichen Stand der Technik anzuwenden, also über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinauszugehen. Auffällig bleibt für sie die schnelle Betriebsgenehmigung unmittelbar vor In-Kraft-Treten der neuen TA Luft am 1.Oktober. Dagegen will man nun Widerspruch einlegen oder sogar klagen.

MICHAEL BARTSCH

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