: Hochschulen für Nahostfrieden
Die palästinensische Bir-Zeit-Universität und die Uni Osnabrück wollen kooperieren. Zunächst werden Dozenten ausgetauscht, später sollen ihnen auch Studenten folgen
BIR ZEIT taz ■ Die beiden Hochschulen könnten unterschiedlicher kaum sein: Während die in der Nähe von Ramallah gelegene Bir-Zeit-Universität gerade mal 5.000 Studenten hat, sind in Osnabrück mehr als doppelt so viele eingeschrieben. Die palästinensische Uni gilt als die beste ihres Landes. Osnabrück ist da, bei allem Ehrgeiz, noch nicht ganz angelangt. Dafür erreichen in der niedersächsischen Stadt an der Hase die Studenten ihre Seminarräume mühelos zu Fuß. In Bir Zeit versucht die israelische Besatzungsarmee mit Straßensperren und Checkpoints genau das zu verhindern.
Nun wollen die beiden Unis kooperieren. Am vergangenen Samstag unterzeichneten die beiden Rektoren, Hanna Naser und Rainer Künzel, in Anwesenheit des niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel, der die Unterstützung der Wirtschaft für die Partnerschaft in Aussicht stellte, in Bir Zeit einen entsprechenden Vertrag.
Schließlich gibt es wichtige Anknüpfungspunkte zwischen den beiden Städten und ihren Hochschulen. Osnabrück, Stadt des Westfälischen Friedens von 1648, ist Sitz der Bundesstiftung Friedensforschung. Die Uni erarbeitet gerade einen interdisziplinären Masterstudiengang „Umwelt-Entwicklung-Frieden“. Die Bir-Zeit-Uni, Mittelpunkt des intellektuellen Lebens Palästinas und wichtiges Zentrum der ersten und zweiten Intifada, vereint unter ihrem Dach zahlreiche Dozenten, die zivile und friedliche Strategien zur Lösung des Nahostkonflikts erarbeiten. „Wir sind eine freie, liberale und weltoffene Universität“, sagte Naser, „wir wollen Teil der internationalen akademischen Community sein“.
Mehr als nur Symbolik
Der Osnabrücker Rektor Künzel versprach, dass das Kooperationsabkommen nicht im Symbolischen stecken bleiben werde: „Wir wollen möglichst schnell konkrete Projekte abstimmen.“ In einem ersten Schritt wollen Künzel und Naser Dozenten austauschen. Später sollen Studenten folgen. Für Bir-Zeit-Studenten könnte Osnabrück attraktiv sein, weil die Niedersachsen verschiedene Masterstudiengänge in englischer Sprache anbieten. Die sind mit dem amerikanischen System, nach dem Bir Zeit arbeitet, bestens kompatibel. Osnabrücker Austauschstudenten könnten in das seit Jahren erfolgreiche und auf ausländische Gaststudenten zugeschnittene „Palestine and Arab Studies Programme“ integriert werden, in dem Arabischkurse und auf Englisch abgehaltene Seminare zum Nahen Osten angeboten werden.
Guter Wille, Engagement und Potenzial sind also vorhanden. Eine Ahnung von den möglichen Hindernissen und Beschwerlichkeiten bekam der Osnabrücker Rektor Künzel allerdings auf der Weiterfahrt nach Ramallah: Riesige Geröllhaufen, von Israels Armee aufgetürmt, versperrten den Studenten den direkten Weg zu ihrem Campus. Künftige Osnabrücker Austauschdozenten und -studenten wären wohl in Campusnähe am besten untergebracht, dräute ihm.
Die Uni Osnabrück unterhält in Israel bereits Partnerschaften mit den Universitäten von Tel Aviv und Haifa. Bir Zeit kooperiert mit verschiedenen Hochschulen in Skandinavien.
YASSIN MUSHARBASH
Informationen: www.uni-osnabrueck.de, www.birzeit.edu
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