piwik no script img

Treffen statt tanzen

Bezirk Altona will bei offener Kinder- und Jugendarbeit sparen. Alle Projekte stehen auf dem Prüfstand. Fachleute befürchten, dass sich die Situation Jugendlicher veschlechtert

Hausaufgabenhilfe, Breakdance für Jungen, Berufsorientierung, Töpfern, der Mädchentag: Die meisten Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk Altona wird es vielleicht nicht mehr lange geben. Denn der Bezirk muss massiv im diesen Bereich kürzen.

Es fehlen offenbar etwa 250.000 Euro. Der Vorschlag des Jugendamtes: Pro Einrichtung soll es künftig für jede fest angestellte Fachkraft nur noch 48 Euro für Honorar- und Sachmittel pro Woche geben. „Das würde große Teile der Kinder- und Jugendarbeit in Altona zerschlagen“, sagt Susanne Frosch vom Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg und Mitglied im Jugendhilfeausschuss Altona. Sie befürchtet negative Auswirkungen auf das Aufwachsen von Kinder und Jugendlichen und für den Stadtteil.

Wird der Vorschlag Realität, würde das für das Haus 3 in der Hospitalstraße beispielsweise eine 75-prozentige Kürzung der Honorar- und Sachmittel bedeuten. „Dann könnten wir nur noch eine Honorarkraft vier Stunden pro Woche beschäftigen, und dann hätten wir noch acht Euro für Spielzeug, Lebensmittel, Ausflüge und alles andere“, sagt Otto Clemens, Geschäftsführer des Stadtteilzentrums.

Momentan erhält das Zentrum rund 200 Euro pro Woche, „und die werden darüber hinaus durch Eigenmittel des Trägers aufs Doppelte aufgestockt“, sagt Clemens. Denn die Kinder, die kämen, seien meistens hungrig. Und außer der einen fest angestellten Mitarbeiterin arbeitet fast immer eine zusätzliche Honorarkraft, „anders ist das gar nicht zu leisten“.

Für die 15 bis 30 Kinder, die täglich in den offenen Treff kommen, gibt es Angebote wie Breakdance, Kinderkino, Jungen- und Mädchentage oder Werkstätten: „Das würde alles wegfallen.“ Die Kürzungen sollen – so der Vorschlag – für alle Altonaer Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gelten.

Zusätzlich müssen sogar einige Projekte ganz schließen, um die Rahmenzuweisung strukturell zu senken. Welche Projekte das betreffen wird, ist noch unklar. „Der Jugendhilfeausschuss hat in den vergangenen Jahren immer Geld für Projekte genehmigt, die nicht durch die Rahmenzuweisung gedeckt waren“, sagt Frosch.

Geld, das nicht ausgegeben wurde, weil beispielsweise eine Stelle eine Weile nicht besetzt war, ging früher am Ende eines Jahres zurück an die Finanzbehörde, die aber gab es regelmäßig an die Altonaer Jugendhilfe zurück. Diese Verlässlichkeit gibt es jetzt nicht mehr. Rainer Doleschall, Sprecher des Bezirksamtes: „Außerdem sind Restmittel aufgezehrt. Und dass sich die Betriebskosten für Wasser und Strom erhöhen, wird in der Rahmenzuweisung nicht berücksichtigt.“ Das Bezirksamt will durch die Kürzung der Honorar- und Sachmittel verhindern, „dass ganze Träger schließen müssen“.

Der Altonaer Jugendhilfeausschuss hat das Spar-Ansinnen bei seiner letzten Sitzung vertagt, weshalb es nun am 28. Oktober eine öffentliche Anhörung dazu gibt. Entscheiden wird dann die Bezirksversammlung im November. SANDRA WILSDORF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen